I. Das materiell-rechtliche Rangverhältnis
Rz. 1
Die Vorschrift steht in Zusammenhang mit §§ 879 ff. BGB, die den materiellen Rang der Grundstücksrechte untereinander regeln. Das Rangverhältnis bestimmt die Reihenfolge, in der mehrere an einem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht bestehende dingliche Rechte in der Zwangsversteigerung und -verwaltung Berücksichtigung finden (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, § 11 Abs. 1 ZVG). Die Berücksichtigung erfolgt in der Zwangsversteigerung in zweierlei Hinsicht. Geht ein Recht dem Anspruch des die Versteigerung betreibenden Gläubigers im Range vor, bleibt es bei der Versteigerung bestehen und muss vom Ersteher übernommen werden (§§ 44, 45, 52 Abs. 1 ZVG). Bedeutsam ist dieser Aspekt für Rechte in Abteilung II des Grundbuchs, insbesondere für Dienstbarkeiten zur Sicherung von Versorgungsleitungen. Steht es im Gleichrang oder Nachrang zum betreibenden Gläubiger, erlischt es mit dem Zuschlag und wird aus dem Erlös befriedigt, soweit dieser reicht (§ 91 ZVG). Dieser Aspekt führt bei Grundpfandrechten zu dem Begehren, möglichst die beste Rangstelle im Grundbuch zu erhalten.
Rz. 2
Nach § 879 BGB bestimmt sich der Rang mehrerer eingetragener Rechte in derselben Abteilung nach der örtlichen Reihenfolge der Eintragung (§ 879 Abs. 1 S. 1 BGB, sog. "Locusprinzip"). In der örtlichen Reihenfolge setzt dies voraus, dass die Rechte innerhalb der Abteilung fortlaufend sowohl in der Nummerierung als auch hinsichtlich des nachfolgend freien Eintragungsraumes eingetragen werden. Sind die Rechte in verschiedenen Abteilungen eingetragen, so entscheidet die Datumsangabe (§ 879 Abs. 1 S. 2 BGB, sog. "Tempusprinzip"). Ist ein besonderer Rangvermerk eingetragen, richtet sich der Rang nach dem Inhalt dieses Vermerks (§ 879 Abs. 3 BGB). Die Eintragung im Grundbuch bestimmt den Rang auch dann, wenn die materiell-rechtliche Einigung der Eintragung nachfolgt (§ 879 Abs. 2 BGB), weil der Zeitpunkt der Einigung aus dem Buch nicht zu entnehmen ist und gerade über den Rang der dinglichen Rechte Klarheit herrschen muss. § 879 Abs. 2 BGB gilt auch, wenn eine zunächst schwebend-unwirksame Einigung nachträglich genehmigt wird oder wenn eine ursprünglich nichtige Einigung nachgeholt wird. Der Rang gehört zum Inhalt des Rechts.
Nachträgliche Rangänderungen nach § 880 BGB sind vom Regelungsgehalt des § 45 GBO nicht erfasst. Sie erfolgen verfahrensrechtlich auf Bewilligung der von ihr Betroffenen (zu beachten insbesondere auch § 880 Abs. 2 S. 2 BGB). Das Grundbuchamt prüft die Wirkungen der Rangänderung auf Zwischenrechte (§ 880 Abs. 5 BGB) nicht, auch die Unwirksamkeit einer Rangänderung nach § 880 Abs. 4 BGB ist allein materiell-rechtlich zu beurteilen. Zu beachten sind diese Wirkungen vom Vollstreckungsgericht im Zwangsversteigerungsverfahren bei Feststellung der Rangfolge zur Bildung des geringsten Gebots (§§ 44, 45 ZVG). Auch die Wirkungen eines Rangvorbehalts nach § 881 BGB sind ausschließlich im materiellen Recht zu beachten.
II. Die Darstellung des Ranges im Grundbuch
Rz. 3
§ 45 GBO bestimmt, wie die äußere Erscheinungsform des Grundbuchs, die den materiellen Rang der Rechte bestimmt, zustande kommt, wenn Rechte, die dasselbe Recht betreffen, in das Grundbuch einzutragen sind. Er stellt die Regel auf, dass der früher gestellte Antrag zur besseren Rangstelle führt und damit das den Regeln des § 879 BGB entsprechende Rangverhältnis zum Ausdruck zu bringen ist. § 45 GBO ist ferner eine Ergänzung zu § 17 GBO. Dort ist bestimmt, dass von zwei Eintragungsanträgen der später gestellte nicht vor dem früher gestellten erledigt werden darf. Besteht die Erledigung des früheren Antrages in einer Zurückweisung, so genügt diese Bestimmung. Besteht die Erledigung dagegen in einer Eintragung, so muss noch gesagt werden, wie diese Eintragung im Verhältnis zur anderen Eintragung beschaffen sein soll, damit der Zweck des § 17 GBO erreicht wird; auch das ist Aufgabe des § 45 GBO.
III. Betroffene Rechte
1. Rangfähigkeit der Eintragung
Rz. 4
Die Vorschrift setzt die Rangfähigkeit einer Eintragung voraus. Rangfähig sind alle Grundstücksrechte des BGB, in seiner Doppelnatur auch das Erbbaurecht (vgl. nur § 10 ErbbauRG).
Die Vorschrift betrifft aber nicht nur Grundstücksrechte im eigentlichen Sinn, sie ist auch anzuwenden auf sonstige Eintragungen, durch welche eine Rangfähigkeit vermitteln oder eine Wirksamkeit dargestellt. Sie betrifft daher Vormerkungen, insbesondere auch auf die Auflassungsvormerkung, auch wenn diese nicht unmittelbar am materiellen Rang teilhaben; es genügt jedoch, dass sie einen Rang vermitteln (§ 883 Abs. 3 BGB) und in der Versteigerung als erlöschendes Recht einen Erlösanteil erhalten. Zur Frage der Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks gegenüber der Vormerkung siehe § 1 Einl. Rdn 85.
Problematisch ist, ob ranggleiche Auflassungsvormerkungen am ganzen Grundstück eingetragen werden können, wenn der Auflassungsanspruch das ganze Grundstück erfassen soll. Dies wird überwiegend bejaht mi...