I. Anwendungsbereich und Rechtsgeschichte
Rz. 1
Wenn ein einzutragendes Recht mehreren Berechtigten gemeinschaftlich zusteht, erfordert der das Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz, dass die Art und der Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses eingetragen werden, da die Verfügungsbefugnis des einzelnen Beteiligten bei den verschiedenen Arten der Gemeinschaften verschieden ist. Es ist nicht maßgebend, ob die Eintragung eines Rechts konstitutiv oder berichtigend erfolgt.
Rz. 2
Die Vorschrift betrifft Rechte im weitesten Sinne, sowohl das Eigentum, als auch Grundstücksrechte, als auch Vormerkungen und Widersprüche. Ein gemeinschaftliches Recht ist gegeben, wenn es den Berechtigten in Bruchteilsgemeinschaft (siehe Rdn 9 ff.), Gesamthandsgemeinschaft (siehe Rdn 14 ff.), als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB (siehe Rdn 22 ff.) oder als Gesamthands- oder Mitberechtigte gem. § 432 BGB (siehe Rdn 25 ff.) zusteht.
Rz. 3
Abs. 2 wurde mit Wirkung zum 1.1.2024 durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10.8.2021 geändert. Mit der Schaffung eines Gesellschaftsregisters für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR) ist der jahrzehntelange Streit über die Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft und ihre Grundbuchfähigkeit beigelegt (eingehend § 4 Einl. Rdn 52 ff.). Ab 1.1.2024 soll die Gesellschaft nur mit dem im Gesellschaftsregister eingetragenen Namen in das Grundbuch eingetragen werden, die Eintragung im Gesellschaftsregister ist damit faktisch Voraussetzung der Grundbuchfähigkeit. Bis 31.12.2023 galt Absatz 2 in der Fassung des Gesetzes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERVGBG) vom 11.8.2009. Danach war die GbR einzutragen unter namentlicher Nennung sämtlicher Gesellschafter, die Eintragung unterlag auch dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nach § 899a BGB. Zur Eintragung der Gesellschaft als eGbR sowie zum Übergangsrecht wird auf Rdn 36 ff. verwiesen.
II. Ausnahmen
Rz. 4
Sonderregelungen gelten für die Eintragung von Altenteilen oder Leibgedingen (siehe § 49 GBO Rdn 13) sowie für die Eintragung eines gemeinschaftlichen Vorkaufsrechts; bei Letzterem ergibt sich das Verhältnis der mehreren Berechtigten zueinander aus § 472 BGB (vgl. Rdn 11, 19, 23).
Rz. 5
Zur Eintragung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Berechtigte eines dinglichen Rechts siehe Einl. § 4 GBO Rdn 57.
Rz. 6
Ausnahmen ergeben sich bei der Eintragung unbekannter Berechtigter (z.B. nicht erzeugte Kinder, unbekannte Erben) sowie bei der Eintragung einer Vormerkung für noch zu benennende Dritte.
Rz. 7
Leben die Berechtigten in einem Güterstand ausländischen Rechts, der als besonderes Berechtigungsverhältnis anzusehen ist, das im deutschen Recht keine Entsprechung hat, so dass die Berechtigten nicht etwa als Berechtigte nach Bruchteilen eingetragen werden können oder wollen, ist auch die Eintragung des besonderen ausländischen Güterstands als Berechtigungsverhältnis denkbar. Zum ausländischen Güterrecht vgl. eingehender: § 8 Einl. Rdn 204 ff. Zur Bruchteilsgemeinschaft von Ehegatten im Beitrittsgebiet siehe § 14 GBBerG Rdn 2. Zu weiteren Gemeinschaftsverhältnissen nach ausländischem Recht siehe § 8 Einl. Rdn 238.
Rz. 8
So genannte Sukzessiv- oder Alternativberechtigungen fallen nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich des § 47 GBO. Sie haben sich als Mischformen bei Rechten entwickelt, die nicht übertragbar sind und mit dem Tod des Berechtigten erlöschen, insbesondere der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, dem Wohnungsrecht oder dem Nießbrauch. Bei diesen Rechten besteht das Bedürfnis, sie im Fall des Todes des Berechtigten oder bei Eintritt einer Bedingung auf einen anderen Berechtigten übergehen zu lassen. Dies wird durch Bestellung inhaltsgleicher Rechte für die verschiedenen Berechtigten je mit auflösender oder aufschiebender Bedingung unter demselben Tatbestand ermöglicht. So kann ein Wohnungsrecht, das mit dem Tod des Berechtigten erlischt, unter der aufschiebenden Bedingung des Todes für eine nachfolgende Person bestellt werden. Allein die Gesamtberechtigung nach § 428 BGB eignet sich zur Sicherung der Sukzessivberechtigung, wenn das Recht sogleich allen Berechtigten zustehen soll (typisch beim Wohnungsrecht für Eheleute oder Lebenspartner).