Rz. 6
Während bei Grundpfandrechten die Gesamtbelastung gesetzlich geregelt und damit zugelassen ist (§§ 1132, 1192, 1200 BGB; zur Ausnahme bei Eintragung der Zwangshypothek siehe § 867 Abs. 2 ZPO), besteht über die Möglichkeiten der Gesamtbelastung bei den anderen dinglichen Rechten teilweise Streit.
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Reallast: Als Gesamtrecht zulässig; das Gesamtrecht kann auch durch Teilung des belasteten Grundstücks entstehen. |
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Nießbrauch: Als Gesamtrecht unzulässig. |
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Vorkaufsrecht: Als Gesamtrecht unzulässig. |
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Erbbaurecht: Als Gesamtrecht zulässig (vgl. § 3 Einl. Rdn 170; § 6a GBO Rdn 1 ff.). |
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Dienstbarkeit: Die Zulässigkeit einer Gesamtdienstbarkeit ist umstritten. Der ablehnenden Ansicht ist bei rein dogmatischer Betrachtung zuzustimmen. Anders als bei Verwertungsrechten (Grundpfandrechten) ist es begrifflich ausgeschlossen, dass die naturnotwendig individuellen Befugnisse des Berechtigten einer Dienstbarkeit im Ganzen aus einem von mehreren belasteten Grundstücken erbracht werden können; er kann anders als der Grundpfandrechtsgläubiger und der Gläubiger von Gesamtschuldnern nicht wählen, aus welchem Recht oder von welchem Schuldner er voll Befriedigung fordern möchte. Lediglich aufgrund des Anspruchs auf Wertersatz in der Zwangsversteigerung (§ 92 ZVG) eine Gesamthaftung zuzulassen ist nicht überzeugend. Der Wertersatz setzt ein bestehendes Gesamtrecht voraus, an dessen Stelle er hilfsweise tritt, er kann umgekehrt nicht die Bildung eines Gesamtrechts ermöglichen. Trotzdem hat sich vielfach aus angeblich pragmatischen Gründen die bejahende Auffassung durchgesetzt. Eine Dienstbarkeit soll dann gesamtrechtsfähig sein, wenn sich ihre Ausübung notwendig auf alle Grundstücke erstreckt. Dies ist jedoch keinesfalls konsequent: Denn dann müsste ein Leitungsrecht zur Sicherung einer Hochspannungsleitung über mehrere hundert Kilometer an allen betroffenen Grundstücken als Gesamtrecht bestellt und in sämtliche Grundbücher eingetragen werden. Das wird wiederum nicht gemacht, es wäre auch praktisch nahezu unmöglich. |
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Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht. Auch hier besteht Streit über die Zulässigkeit. Im Fall der Teilung des belasteten Grundstücks entstünde, ließe man ein Gesamtrecht nicht zu, wegen § 32 Abs. 1 WEG ein ordnungswidriger Zustand; wie beim Erbbaurecht muss deshalb die Zulässigkeit des Gesamtrechts bejaht werden. Dies gilt dann auch für die ursprüngliche Bestellung. |
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Zum Altenteil als Gesamtrecht vgl. § 49 GBO Rdn 14, 15. |
Rz. 7
Rechte an Grundstücksrechten können nicht als Gesamtrechte bestellt werden. Auf Vormerkungen und Widersprüche ist § 48 GBO dann anwendbar, wenn sie sich auf eingetragene Gesamtrechte beziehen.
Rz. 8
Das Gesamtrecht muss an den belasteten Grundstücken einen einheitlichen Inhalt haben, es handelt sich ja sachenrechtlich um ein Recht. Die Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 mit § 800 ZPO braucht jedoch nicht hinsichtlich aller Grundstücke vorzuliegen. Auch kann der Rang an jedem belasteten Grundstück unterschiedlich sein. Einen Sonderfall bildet die seit 19.8.2008 geltende Sicherungsgrundschuld mit den zwingenden Regelungen der §§ 1192 Abs. 1a und § 1193 BGB (vgl. § 7 Einl. Rdn 60). Eine vor diesem Zeitpunkt bestellte Sicherungsgrundschuld kann nur unter Geltung dieser Vorschriften auf ein weiteres Grundstück erstreckt werden. Bei der Eintragung der Pfanderstreckung ist klarzustellen, dass die Grundschuld am neuen Grundstück Sicherungsgrundschuld ist, die Gesamtrechtsfähigkeit und die Anwendung des § 48 GBO sind damit nicht ausgeschlossen.
Rz. 9
Wird ein unzulässiges Gesamtrecht bewilligt und beantragt, könnte die Bewilligung dahingehend auszulegen sein, dass entsprechende Einzelrechte eingetragen werden sollen. Richtigerweise ist aber eine Zwischenverfügung nach § 18 GBO zu erlassen. Seitens des Antragstellers könnte es auch gewollt sein, das Recht nicht eintragen zu lassen, wenn es als Gesamtrecht nicht zulässig ist.