Gesetzestext
(1) Werden mehrere Grundstücke mit einem Recht belastet, so ist auf dem Blatt jedes Grundstücks die Mitbelastung der übrigen von Amts wegen erkennbar zu machen. Das gleiche gilt, wenn mit einem an einem Grundstück bestehenden Recht nachträglich noch ein anderes Grundstück belastet oder wenn im Falle der Übertragung eines Grundstücksteils auf ein anderes Grundbuchblatt ein eingetragenes Recht mitübertragen wird.
(2) Soweit eine Mitbelastung erlischt, ist dies von Amts wegen zu vermerken.
A. Allgemeines
Rz. 1
§ 48 GBO durchbricht den Antragsgrundsatz für den Fall der Gesamtbelastung. Mitbelastungen sind auf allen betroffenen Grundbuchblättern von Amts wegen einzutragen. Der Grund liegt in dem besonderen Wesen der Gesamtbelastung. Es besteht, ähnlich wie bei der Gesamtschuldnerschaft des § 421 BGB darin, dass ein einheitliches Recht mehrere Grundstücke erfasst, und zwar in der Art, dass der Gläubiger seine vollständige Befriedigung aus jedem Grundstück suchen kann, jedoch die Befriedigung aus einem Grundstück die anderen Grundstücke von der Hypothek befreit (§§ 1132, 1173 BGB). Für die Bewertung des Rechts im Verkehr ist daher die Tatsache der Mithaft anderer Grundstücke von ausschlaggebender Bedeutung. Ferner würden, wenn die Mithaft nicht erkennbar wäre, sich aus den Regeln über den öffentlichen Glauben Verwicklungen ergeben, die zur Folge hätten, dass das einheitliche Gesamtrecht sich in der Hand gutgläubiger Erwerber in mehrere Einzelrechte je von der Höhe des Gesamtrechts verwandeln könnte.
Rz. 2
Trotz Verstoßes gegen § 48 GBO bleibt ein ohne Mithaftvermerke eingetragenes Recht Gesamtrecht; das Grundbuch ist jedoch unrichtig. Der Mithaftvermerk ist in einem solchen Fall von Amts wegen nachzuholen. Dies ist möglich, solange das Gesamtrecht noch dem ersten Berechtigten zusteht. Bei zwischenzeitlichem rechtsgeschäftlichem Übergang auf einen Erwerber muss von einem gutgläubigen Erwerb von Einzelrechten ausgegangen werden. Nachfolgende Rechte oder die zwischenzeitliche Eintragung von Rechten am Recht hindern die Nachholung des Mithaftvermerks nicht.
B. Voraussetzungen
I. Mehrere Grundstücke
Rz. 3
Voraussetzung ist die Gesamtbelastung mehrerer Grundstücke oder grundstücksgleichen Rechte. Dasselbe gilt für Grundstücksbruchteile, auch wenn sämtliche Miteigentümer oder Wohnungseigentümer ihre Anteile mit demselben Recht belasten. Ein solches Grundpfandrecht ist Gesamtgrundpfandrecht, auch wenn die mehreren Eigentümer gemeinschaftlich eine Hypothek oder Grundschuld an dem ganzen Grundstück bestellen. Ebenso entsteht ein Gesamtgrundpfandrecht, wenn ein mit einem Einzelrecht belastetes, im Alleineigentum stehendes Grundstück nach Bruchteilen in Miteigentum übergeht. In diesem Fall wird jedoch die Gesamtrechtseigenschaft nicht kenntlich gemacht, sie ergibt sich aus Abt. I des Grundbuchs.
Rz. 4
Reale Grundstücksteile kommen als Objekte einer Gesamtbelastung nicht in Frage. Handelt es sich um ein Gesamtgrundpfandrecht, so muss nach § 7 Abs. 1 GBO der belastete Teil vor der Belastung verselbstständigt werden. Gleiches gilt bei Reallasten; § 7 Abs. 2 GBO ist hierauf nicht anwendbar (vgl. § 7 GBO Rdn 17). Auch Rechte an Grundstücksrechten sind nur als selbstständige Belastungen zugelassen.
Rz. 5
Unerheblich für die Anwendung des § 48 GBO ist, wann die Gesamtbelastung eintritt, ob von Anfang an bei Begründung des Rechts, ob nachträglich durch Hinzutritt eines weiteren Grundstücks in die Haftung oder ob durch Teilung eines bis dahin selbstständigen Grundstücks. § 48 GBO gilt in allen Fällen. Er regelt damit drei Fallgestaltungen:
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Die anfängliche Belastung mehrerer Grundstücke mit demselben Recht (Abs. 1 S. 1). |
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Die nachträgliche Mitbelastung (Abs. 1 S. 2 Hs. 2). |
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Die durch Grundstücksteilung und Übertragung nachträglich entstehende Gesamtbelastung (Abs. 1 S. 2 Hs. 2). |
II. Zulässigkeit eines Gesamtrechts
Rz. 6
Während bei Grundpfandrechten die Gesamtbelastung gesetzlich geregelt und damit zugelassen ist (§§ 1132, 1192, 1200 BGB; zur Ausnahme bei Eintragung der Zwangshypothek siehe § 867 Abs. 2 ZPO), besteht über die Möglichkeiten der Gesamtbelastung bei den anderen dinglichen Rechten teilweise Streit.
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Reallast: Als Gesamtrecht zulässig; das Gesamtrecht kann auch durch Teilung des belasteten Grundstücks entstehen. |
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Nießbrauch: Als Gesamtrecht unzulässig. |
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Vorkaufsrecht: Als Gesamtrecht unzulässig. |
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Erbbaurecht: Als Gesamtrecht zulässig (vgl. § 3 Einl. Rdn 170; § 6a GBO Rdn 1 ff.). |
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Dienstbarkeit: Die Zulässigkeit einer Gesamtdienstbarkeit ist umstritten. Der ablehnenden Ansicht ist bei rein dogmatischer Betrachtung zuzustimmen. Anders als bei Verwertungsrechten (Grundpfandrechten) ist es begrifflich ausgeschlossen, dass die naturnotwendig individuellen Befugnisse des Berechtigten einer Dienstbarkeit im Ganzen aus einem von mehreren belasteten Grundstücken erbracht werden können; er kann anders als der Grundpfandrechtsgläubiger und der Gläubiger von Gesamtschuldne... |