Rz. 3

Das Altenteil wird vielfach gesetzlich erwähnt, jedoch nicht legal definiert (Art. 96 EGBGB, § 49, § 9 EGZVG, § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 23 Nr. 2 lit. g GVG).[4] Das Altenteil wird regional unterschiedlich auch als Leibgeding, Leibzucht oder Auszug bezeichnet. Rechtsgeschichtlich hat es seine Grundlage als vorwiegend in ländlichen Gebieten vertragliches Rechtsinstitut,[5] weshalb es im Rahmen des Übergangsrechts auch landesrechtliche Vorbehalte in Art. 96 EGBGB erfahren hat.[6]

 

Rz. 4

Das Altenteil ist ein vertraglich vereinbarter oder vermächtnisweise durch letztwillige Verfügung zugewandter Inbegriff von Geld- und/oder Sachleistungen, die zum Zweck der dauernden persönlichen Versorgung des Berechtigten dinglich gesichert werden sollen.[7] Ein vollständiges Nachrücken des Übernehmers in die wirtschaftliche Existenz ist aber nicht erforderlich.[8] Die Verbindung mit einer Grundstücksüberlassung ist dabei nicht begriffsnotwendig, soweit nicht das Landesrecht dies nach Art. 96 EGBGB vorschreibt;[9] wohl aber werden persönliche Beziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten vorausgesetzt. Grundstückseigentümer und Besteller eines Altenteils kann aber auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sein.[10] Die Verknüpfung eines Altenteils mit einer Grundstücksüberlassung als Gegenleistung ist nicht zwingendes Tatbestandsmerkmal.[11] Wesentlich ist der Versorgungscharakter des Berechtigten und deren örtliche Bindung zum Grundbesitz. Das Altenteil muss nicht mit einem Leibrentenvertrag im Sinne der §§ 759 ff. BGB verbunden sein. Auch ein schuldrechtlicher Altenteilsvertrag, welcher von Art. 96 EGBGB ausgeht, ist nicht Voraussetzung oder schuldrechtliche Rechtsgrundlage des Altenteils.[12] Das Altenteil kann als Gegenleistung eines Kaufvertrags oder durch Schenkung gewährt werden. Es kann auch durch Verfügung von Todes wegen als Vermächtnis zugewiesen werden.[13]

 

Rz. 5

Es ist nur zugunsten natürlicher Personen zulässig.[14] Seinem Zweck und auch dem Inhalt der Einzelrechte entsprechend ist es nicht übertragbar.[15] Denkbar sind aber Alternativ- und Sukzessivberechtigungen zur Übertragung an Gesamtrechtsnachfolger (Rdn 13). Ein Altenteil kann nicht nur auf einem ländlichen, sondern auch auf einem städtischen Grundstück bestellt werden.[16] Es kann an gewerblich genutzten Grundstücken bestellt werden und auch an Wohnungs- oder Teileigentum.[17] Die versorgende Lebensgrundlage soll nicht erst durch den Berechtigten geschaffen werden, er soll lediglich in sie eintreten.[18] Umgekehrt muss für den Schuldner und Eigentümer des Altenteils der zu belastende Grundbesitz nicht Grundlage und Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz sein.[19]

 

Rz. 6

Zu beachten sind landesrechtliche Regelungen zum sog. Altenteilsvertrag nach Art. 96 EGBGB,[20] die den Begriff einschränkend interpretieren können und z.B. eine generationenwechselnde und verwandtschaftliche Grundstücksübergabe vorschreiben.[21]

[4] Motive zum BGB, Bd. II, S. 636; Staudinger/Reymann, BGB, Einl. §§ 1105 ff. Rn 72 ff.
[5] Meikel/Böhringer, § 49 Rn 10; Hügel/Reetz, § 49 Rn 4; Lemke/Wagner, § 49 Rn 2 ff.; eingehend: Böhringer, BWNotZ 1987, 129; Wolf, MittBayNot 1994, 117.
[6] MüKo-BGB/Habersack, Art. 96 EGBGB Rn 4, 11 ff.; Staudinger-BGB/Reymann, BGB, Neubearb. 2017, Einl. §§ 1105 Rn 73 ff.
[7] RGZ 162, 57; allgemein zum Versorgungszweck: BayObLG DNotZ 1975, 662 = Rpfleger 1975, 314; BGH NJW-RR 1989, 451; BGH NJW 1994, 1158; BayObLG Rpfleger 1993, 443; OLG Köln Rpfleger 1992, 431; Meikel/Böhringer, § 49 Rn 14; Bauer/Schaub/Wegmann, § 49 Rn 4; Lemke/Böttcher, § 49 Rn 2.
[8] BGH NJW 1981, 2568; BGH BGHZ 125, 69, 73 = MittBayNot 1994, 217; OLG Zweibrücken MittBayNot 1993, 334; Hügel/Reetz, § 49 Rn 6.
[9] RG RGZ 162, 52, 57; BGH NJW 1962, 2249; BayObLG DNotZ 1975 622; zu Art. 96 EGBGB siehe: BGH NJW 1994, 1158; zur Versorgungsabsicht vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1323.
[10] KG MittBayNot 2015, 218 = Rpfleger 2015, 75.
[11] RGZ 162, 52, 57; BGH MittBayNot 1989, 81 = NJW-RR 1989, 451; BGHZ 125, 69, 72; LG Mainz RNotZ 2001, 113 m. abl. Anm. Keim; Meikel/Böhringer, § 49 Rn 13, 18; Schöner/Stöber, Rn 1324.
[12] BGHZ 125, 69, 72; Grüneberg/Herrler, BGB, Art. 96 EGBGB Rn 6; Bauer/Schaub/Wegmann, § 49 Rn 40 ff.; eingehend: Meikel/Böhringer, § 49 Rn 32 ff.
[13] RGZ 162, 52; Meikel/Böhringer, § 49 Rn 18; Staudinger-BGB/Heinze, vor § 1030 Rn 57; eingehend: Lüdtke-Handjery, DNotZ 1985, 332.
[14] Meikel/Böhringer, § 49 Rn 94; Lemke/Böttcher, § 49 Rn 16.
[15] BGH NJW-RR 201, 1235; Lemke/Wagner, § 49 Rn 5.
[16] BGHZ 73, 211 = DNotZ 1979, 499; BGH NJW 1981, 2568 = DNotZ 1982, 45; BGH NJW 1995, 1349 = DNotZ 1996, 640.
[17] OLG Düsseldorf DNotZ 1977, 305; BayObLG DNotZ 1993, 603; a.A. LG Mainz RNotZ 2001, 113 m. Anm. Keim; Meikel/Böhringer, § 49 Rn 16; Lemke/Böttcher, § 49 Rn 2.
[19] BGH Rpfleger 2007, 614; Meikel/Böhringer, § 49 Rn 114; Lemke/Böttcher, § 49 Rn 5.
[20] MüKo-BGB/Habersack, Art. 96 EGBGB Rn 4, 11 ff.; Staudinger-BGB/Reymann, Einl. §§ 1...

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