I. Voraussetzungen und Rechtsfolgen
Rz. 2
Die Nacherbfolge setzt materiell-rechtlich eine rechtswirksame letztwillige Verfügung deutschen oder ausländischen Rechts voraus – keine Vor- und Nacherbfolge ohne Testament bzw. Erbvertrag! Für die Wirksamkeit der entsprechenden Verfügung von Todes wegen kommt es allein auf das materielle Recht an. Der Nachweis der Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung und die Ermittlung ihres Inhalts für die Eintragung im Grundbuch bestimmt sich dagegen nach dem Grundbuchverfahrensrecht, vgl. Rdn 13.
Rz. 3
Mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge (§ 2100 BGB) hinterlässt der Erblasser sein Vermögen als Ganzes nacheinander mehreren Personen, nämlich zunächst dem Vorerben und zu späterer Zeit dem Nacherben. Vor- und Nacherbe sind beide nacheinander Erben desselben Erblassers und des gleichen Nachlasses. Auf die Dauer der Vorerbschaft gehören die einzelnen Nachlassgegenstände dem Vorerben und nur er kann deshalb über sie verfügen, § 2112 BGB. Mit Eintritt der Nacherbfolge erwirbt der Nacherbe die Nachlassgegenstände automatisch und "von selbst" vom Erblasser. In den Händen des Vorerben ist der nacherbenbehaftete Nachlass deshalb ein von seinem Eigenvermögen getrennt zu betrachtendes Sondervermögen. Der Nacherbe erwirbt bereits beim Tode des Erblassers ein bis zum Eintritt des Nacherbfalls währendes erbrechtliches Anwartschaftsrecht am Nachlass insgesamt, aber kein (dingliches) Recht an einzelnen Nachlassgegenständen. Durch entsprechende letztwillige Verfügung kann der Erblasser die Nacherbfolge auf den gesamten Nachlass erstrecken oder auf einen Bruchteil der Erbschaft, auf bestimmte Erbteile oder auf den Bruchteil eines Erbteils beschränken oder einzelne Nachlassgegenstände von der Nacherbfolge ausnehmen, vgl. § 2110 Abs. 2 BGB.
Rz. 4
Der Erblasser kann mehrere Nacherbfolgen nacheinander verfügen. In diesem Fall ist der Nacherbe seinerseits zugleich auch wieder Vorerbe im Verhältnis zu einem nächsten Nacherben. Der "Nachnacherbe" ist wie der Nacherbe selbst zu behandeln.
Rz. 5
Der Erblasser kann unabhängig davon außerdem einen oder mehrere Ersatznacherben bestimmen. Der Ersatznacherbe ist nur dann zur Nacherbfolge berufen, wenn der "eigentlich berufene" Nacherbe gar nicht Erbe wird – sei es, dass der Nacherbe schon vor dem Eintritt des Erbfalls wegfällt oder zwar erst nach dem Erbfall, aber noch vor dem Nacherbfall. Ist der Nacherbe also erst einmal Erbe geworden, so wird es der Ersatznacherbe nicht mehr; fällt der Nacherbe dagegen vor dem Nacherbfall weg, etwa weil er diesen nicht mehr erlebt, so rückt (dann erst) der vom Erblasser bestimmte Ersatznacherbe in die Rechtsstellung des Nacherben ein. Die materiell-rechtliche Rechtsstellung des Ersatznacherben ist deshalb eine andere als die des Nacherben oder eines Nachnacherben. Der Ersatznacherbe rückt erst und nur mit dem Ersatzerbfall in die Position des Nacherben ein. Bis dahin hat er – anders als ein Nachnacherbe – keine unmittelbare eigene Verbindung zum Nachlass.
Rz. 6
Unter den Voraussetzungen des § 2111 BGB erstreckt sich die Nacherbfolge auf bestimmte zunächst nachlassfremde Gegenstände (sog. Surrogate – der Vorerbe veräußert ein der Nacherbfolge unterliegendes Grundstück und erwirbt vom Erlös ein anderes Grundstück: das so erworbene Grundstück unterliegt wiederum der Nacherbfolge). Dies ist ggf. auch für den Grundbuchvollzug des entsprechenden Erwerbs durch den Vorerben zu beachten.
II. Nacherbenanwartschaftsrecht
Rz. 7
Mit dem Tode des Erblassers erlangt der Nacherbe materiell-rechtlich ein bis zum Nacherbfall ganz oder teilweise übertragbares, verpfändbares und pfändbares Anwartschaftsrecht, wenn der Erblasser die Übertragbarkeit nicht ausgeschlossen hat. Die Veräußerung des Anwartschaftsrechts an einen Dritten macht diesen nicht zum Nacherben; der Erwerber erwirbt aber die volle Rechtsstellung des Nacherben. Der Erwerber des Anwartschaftsrechts übernimmt damit durchgehend vor und nach dem Nacherbfall die Rechtsstellung des Nacherben, kann also das Anwartschaftsrecht auch weiter veräußern, sofern es nicht durch Konsolidation erloschen ist und erwirbt mit dem Nacherbfall den Nachlass ohne Durchgangserwerb des Veräußerers des Anwartschaftsrechts; die zur Wirksamkeit einer Verfügung des Vorerben notwendige Zustimmung des Nacherben ist vom Erwerber der Nacherbenanwartschaft, nicht mehr vom "eigentlichen Nacherben" zu erteilen. Die Pfändung oder Verpfändung des Nacherbenanwartschaftsrechts hat zur Folge, dass dort, wo eine Verfügung des Vorerben zur endgültigen Wirksamkeit der Zustimmung des Nacherben bedarf, zusätzlich auch die des Pfandgläubigers notwendig ist.
Ist Ersatznacherbfolge angeordnet, so kann der Nacherbe über seine Anwartschaft zwar ohne Zustimmung des Ersatznacherben verfügen. Fällt der Nacherbe dann aber bis zum Eintritt des Nacherbfalls weg, so tritt der Ersatznacherbe mit dem We...