Rz. 11
§ 71 GBO setzt eine Entscheidung des Grundbuchamts voraus. Der Begriff der Entscheidung ist so zu verstehen wie derjenige in dem früheren § 19 FGG; das FamFG hat diesen Begriff für Grundbuchsachen unberührt gelassen. Entsprechend fallen darunter alle vom Grundbuchamt in der Sache selbst erlassenen endgültigen Beschlüsse (vgl. § 38 FamFG) oder Zwischenverfügungen (vgl. § 18 GBO) gleichgültig, ob diese sich auf grundbuchrechtliche oder andere vom Grundbuchamt anzuwendende materielle oder verfahrensrechtliche Vorschriften stützen. Beschwerdefähig sind damit alle sachlichen Entscheidungen des Grundbuchamts, wenn sie ein Verfahren oder einen Abschnitt innerhalb eines anhängigen Verfahrens abschließen. Dagegen stellen verfahrensleitende Maßnahmen (wie z.B. eine Eintragungsverfügung; eine Beweisanordnung des GBA) keine mit der Beschwerde anfechtbare Entscheidung dar (siehe Rdn 52).
Rz. 12
Für die Anfechtbarkeit ist es unerheblich, ob das Grundbuchamt bei seiner Entscheidung die Formvorschriften (siehe Rdn 13) gewahrt hat; maßgeblich ist allein der Inhalt der Entscheidung. Die Entscheidungen müssen verbindlich sein und nach außen Rechtswirkungen entfalten, insbesondere für einen Verfahrensbeteiligten bestimmt sein und diesem bekannt gegeben werden (vgl. §§ 41, 15 FamFG); sie dürfen sich also nicht auf interne Vorgänge des Grundbuchamts beziehen. Mithin stellt das bloße Unterbleiben der Bekanntmachung einer Eintragung an einen Beteiligten keine beschwerdefähige Entscheidung des Grundbuchamts dar. Über einen Eintragungsantrag kann nur durch Eintragung, Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO oder durch Zurückweisung des Antrages entschieden werden. Im Falle der Untätigkeit des Grundbuchamts ist nur die Verzögerungsrüge nach § 198 GVG (vgl. vor § 71 GBO Rdn 17) oder die Dienstaufsichtsbeschwerde (vgl. vor § 71 GBO Rdn 14 f.) möglich (vgl. Rdn 56).
Rz. 13
Die Entscheidungen des Grundbuchamts müssen – außer im Falle der Vollziehung einer Eintragung – seit dem Inkrafttreten des FamFG stets in der Form eines Beschlusses gem. § 38 FamFG schriftlich ergehen. Dies gilt auch für Zwischenverfügungen gem. § 18 GBO. Damit scheiden die von der früheren Literatur tw. anerkannten mündlichen Entscheidungen aus. Der Beschluss muss die Unterschrift der entscheidenden Person tragen (vgl. § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG) und eine Begründung enthalten (§ 38 Abs. 3 S. 1 FamFG). Bei Entscheidungen des Grundbuchamts in elektronischer Form ist gem. § 140 Abs. 1 S. 2 GBO eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem SignaturG erforderlich (zu den Einzelheiten siehe § 140 GBO Rdn 3 ff.).
Rz. 14
Entscheidungen ohne Unterschrift bzw. ohne qualifizierte elektronische Signatur sind nicht wirksam, sondern stellen lediglich Entwürfe dar. Dies gilt auch, wenn sie nur mit einer Paraphe gekennzeichnet sind. § 42 GBV findet keine Anwendung, da diese Bestimmung sich nur auf die Bekanntmachung einer Entscheidung bezieht; die bei den Grundakten befindliche Urschrift bedarf weiterhin der Unterschrift bzw. bei einer elektronischen Akten der qualifizierten elektronischen Signatur. Ausnahmsweise reicht es aus, dass zwar die Entscheidung nicht ordnungsgemäß, wohl aber die dazugehörende Begleitverfügung über deren Versendung an die Beteiligten ordnungsgemäß unterschrieben bzw. mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Hierdurch wird deutlich, dass die Entscheidung das Entwurfsstadium verlassen hat und ihr Außenwirkung zukommen soll. Das OLG Zweibrücken lässt eine unterschriebene Nichtabhilfeentscheidung des Rechtspflegers (§ 75 GBO), die auf eine Zwischenverfügung in Form eines nicht unterschriebenen Computerausdrucks Bezug nimmt, ausreichen; das begegnet zumindest dann Bedenken, wenn die Nichtabhilfeentscheidung nur "aus den zutreffenden Gründen" ergeht und sich damit nicht inhaltlich mit der Ausgangsentscheidung sowie dem Beschwerdevorbringen auseinandersetzt. Ein Rechtsmittel gegen einen Entwurf ist mangels wirksamer anfechtbarer Entscheidung des Grundbuchamts unzulässig. Die Sache ist durch das Beschwerdegericht unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung an das Grundbuchamt zurückzugeben; zudem kann klargestellt werden, dass dem Entwurf der Ausgangsentscheidung keine Wirkungen zukommt.
Rz. 15
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist zwar in der GBO nur in § 89 Abs. 2 GBO ausdrücklich vorgeschrieben, indes ordnet § 39 FamFG für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch für die Grundbuchsachen grundsätzlich eine Rechtsbehelfsbelehrung an, sofern ein Rechtsbehelf überhaupt statthaft ist. Bei einer fehlenden oder fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, wobei das Fehlen des Verschuldens unwiderleglich vermutet wird, vgl. § 17 Abs. 2 FamFG. Eine Wiedereinsetzung scheidet ausnahmsweise aus, wenn zwischen dem Belehrungsmangel und der Fristversäumung kein ursächlicher Zusammenhang besteht.