Gesetzestext
(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.
(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.
A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
§ 71 GBO enthält für Grundsachen eine Sondervorschrift gegenüber den für die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in §§ 59 ff. FamFG geregelten Beschwerdevorschriften. Ergänzt wird die Bestimmung durch die weiteren Beschwerdevorschriften in §§ 72–77, 81 GBO. Soweit diese Vorschriften keine abschließende Regelung für die Grundbuchbeschwerde enthalten, kann auf die Bestimmungen des FamFG zurückgegriffen werden, so z.B. auf § 66 FamFG (siehe § 73 GBO Rdn 19 ff.) für die Anschlussbeschwerde und auf § 67 FamFG für die Beschwerderücknahme (siehe § 73 GBO Rdn 24 ff.). Abs. 1 bestimmt, dass grundsätzlich gegen jede Entscheidung des Grundbuchamts die Beschwerde stattfindet. Abweichend von § 58 Abs. 1 FamFG ist die Anfechtbarkeit nicht auf Endendscheidungen beschränkt; vielmehr unterliegen auch Zwischenentscheidungen, wie z.B. die Zwischenverfügung (§ 18 GBO), der Anfechtung. Diesen Grundsatz schränkt Abs. 2 für Eintragungen ein. Damit soll verhindert werden, dass das Beschwerdegericht eine nach materiellem Recht vollzogene Eintragung beseitigt, obwohl aufgrund der Eintragung bereits ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten stattgefunden hat. Weil die Feststellung, ob ein gutgläubiger Rechtserwerb erfolgt ist, nicht oder nur sehr schwer möglich ist, wird die Beschwerde gegen Eintragungen generell für unzulässig erklärt. Nur soweit das Grundbuchamt selbst nach § 53 GBO berechtigt wäre, von Amts wegen die Wirkungen einer Eintragung aufzuheben, kann auch das Beschwerdegericht die in § 53 GBO vorgesehenen Maßnahmen anordnen. Im Übrigen ist es Sache der Beteiligten, die Berichtigung des Grundbuches nach § 22 GBO zu betreiben oder Sicherungsmaßnahmen nach § 899 BGB zu treffen.
B. Entscheidungen des Grundbuchamtes
I. Grundsatz
Rz. 2
§ 71 GBO ordnet die Anfechtbarkeit der Entscheidungen des Grundbuchamtes an. Soweit das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan entscheidet, werden die vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe (§§ 766, 793 ZPO) durch die Grundbuchbeschwerde nach § 71 GBO verdrängt. Daher ist gegen die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek die Beschwerde nach Abs. 2 gegeben; es gilt auch Abs. 2 S. 2 (siehe Rdn 26 ff.). Das Grundbuchamt handelt insoweit sowohl als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit als auch als Vollstreckungsorgan. Es hat die vollstreckungsrechtlichen und grundbuchrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen zu prüfen.
Rz. 3
Gegen die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek findet anstelle der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) bzw. der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) ebenfalls die Grundbuchbeschwerde nach § 71 GBO statt. Gleiches gilt für Eintragungen nach § 89 Abs. 3 InsO (z.B. eines Amtswiderspruchs gem. § 53 GBO Abs. 1 S. 1) sowie für die Eintragung des Insolvenzvermerks nach § 32 InsO; auch insoweit wird das Grundbuchamt und nicht das Insolvenzgericht tätig. Die Ablehnung der Eintragung einer Beschlagnahme eines Grundstücks (vgl. § 111c Abs. 3 StPO) oder einer Sicherungshypothek in Vollziehung eines Vermögensarrests (vgl. § 111f Abs. 1 S. 1 StPO) auf Ersuchen des Strafgerichts oder der Staatsanwaltschaft durch das Grundbuchamt ist ebenfalls mit der Grundbuchbeschwerde gem. § 71 GBO überprüfbar; dagegen kann aufgrund der Sonderregelung in § 111k Abs. 3 StPO gegen eine bereits vollzogene Eintragung anstelle der Grundbuchbeschwerde ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung des nach § 162 StPO zuständigen Gerichts gestellt werden. Gegen eine anschließend erfolgte Eintragung einer Rangänderung aufgrund einer Bewilligung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts ist hingegen die Grundbuchbeschwerde nach § 71 GBO statthaft.