Rz. 6

Entscheidet ein örtlich unzuständiges OLG über eine Beschwerde, so ist die Entscheidung wirksam (vgl. § 2 Abs. 3 FamFG); diese ist – im Falle der Zulassung – mit der Rechtsbeschwerde an den BGH anfechtbar. Insoweit schränkt § 72 Abs. 2 FamFG für die Rechtsbeschwerde nur die Rüge der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts, mithin in Grundbuchsachen des GBA, nicht indes die Rüge der Unzuständigkeit des Beschwerdegerichts ein. Daher kann im Rechtsbeschwerdeverfahren die fehlende örtliche und sachliche Zuständigkeit des Beschwerdegerichts überprüft werden.[7] Der BGH kann die Beschwerdeentscheidung aufheben und die Sache an das örtlich zuständige Beschwerdegericht verweisen.[8]

 

Rz. 7

Auch die Verletzung der sachlichen Zuständigkeit (Entscheidung über die Beschwerde durch das LG) führt nicht zur Unwirksamkeit, sondern kann im Rahmen einer Rechtsbeschwerde geprüft werden (siehe Rdn 6), sofern diese zugelassen worden ist.[9] Der BGH kann die angefochtene Entscheidung aufheben und das Verfahren an das sachlich berufene OLG als Beschwerdegericht verweisen. Dagegen kommt wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Rechtsmittelklarheit[10] auch aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung keine weitere Beschwerde an das OLG in Betracht, wenn das LG fehlerhaft seine Zuständigkeit bejaht.[11] Soweit indes unzutreffend der Rechtspfleger des Grundbuchamts anstelle des sachlich berufenen OLG entscheidet, ist diese Entscheidung unwirksam[12] und nach Aktenvorlage vom Beschwerdegericht aus formellen Gründen ohne Weiteres aufzuheben. Die vorstehenden Grundsätze gelten entsprechend für – in Grundbuchsachen in der Praxis wohl kaum vorkommende – Verstöße gegen die internationale Zuständigkeit, wobei eine Verweisung an ein ausländisches Gericht ausscheidet.

 

Rz. 8

Verstöße gegen die funktionelle Zuständigkeit im Verhältnis zwischen Richter, Rechtspfleger und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (z.B., wenn an Stelle des Richters des Beschwerdegerichts der Rechtspfleger über eine Beschwerde entscheidet; vgl. § 8 RPflG),[13] führen zur Unwirksamkeit der Entscheidung.[14] Eine hiergegen erhobene (zugelassene) Rechtsbeschwerde ist mangels wirksamer Beschwerdeentscheidung unzulässig;[15] eine Aufhebung kann klarstellend durch das Beschwerdegericht in seiner gerichtsverfassungsmäßigen Besetzung erfolgen. Verstöße gegen die geschäftsplanmäßige Zuständigkeit begründen einen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter und stellen einen absoluten Rechtsbeschwerdegrund dar (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 72 Abs. 2 FamFG, § 547 Nr. 1 ZPO), der – im Fall einer zugelassenen Rechtsbeschwerde – zur Aufhebung und Zurückverweisung führt.[16]

[7] Demharter § 72 Rn 5; Sternal/Göbel, § 72 Rn 48, für das FamFG; a.A. Meikel/Schmidt-Räntsch, § 72 Rn 4, der unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 572 ZPO eine entsprechende Rüge im Rechtsbeschwerdeverfahren für unzulässig erachtet.
[8] Vgl. BayObLGZ 1968, 63, 65; BayObLGZ 1961, 119, 121; KG OLGZ 1968, 321, 324.
[9] Demharter, § 72 Rn 5; Hügel/Kramer, § 72 Rn 10; a.A. Meikel/Schmidt-Räntsch, § 72 Rn 6, der unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 572 ZPO eine entsprechende Rüge im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht für zulässig erachtet; offen gelassen: BGH wistra 2012, 198, für einen Fall der Genehmigung einer Videoüberwachung.
[11] So im Ergebnis auch Meikel/Schmidt-Räntsch, § 72 Rn 7; a.A.: OLG Schleswig FGPrax 2011, 18; Hügel/Kramer, § 72 Rn 12.
[14] Vgl. Sternal/Sternal, § 2 Rn 36 für das FamFG.
[15] BGH NJW-RR 2009, 718; Demharter, § 72 Rn 7.
[16] Im Ergebnis auch: Hügel/Kramer, § 72 Rn 11.

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