Gesetzestext
Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat.
A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
§ 72 GBO regelt den Devolutiveffekt der Beschwerde und bestimmt die sachliche und örtliche Zuständigkeit des OLG als Rechtsmittelgericht zur Entscheidung über die Beschwerde in Grundbuchsachen. Ergänzt wird die Regelung durch § 81 Abs. 1 GBO, welche die Entscheidung über das Rechtsmittel einem Zivilsenat überträgt. Die Regelung der sachlichen Zuständigkeit ist an sich überflüssig, da sich diese für das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bereits aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG ergibt. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit ist eine ausschließliche. Die internationale Zuständigkeit folgt der örtlichen Zuständigkeit.
B. Sachliche Zuständigkeit
Rz. 2
Die Entscheidung über die Beschwerde wird dem OLG, und zwar nach § 81 Abs. 1 GBO einem Zivilsenat, übertragen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG). Die frühere Zuständigkeit des LG bleibt nur für die bereits zum 1.9.2009 (Inkrafttreten der Übergangsvorschrift des Art. 111 FGG-Reformgesetz) eingeleiteten Antrags- sowie Amtsverfahren bestehen. In der Praxis dürften indes solche Altverfahren trotz der fehlenden Befristung der Grundbuchbeschwerde nicht mehr vorkommen. Welcher Zivilsenat des OLG für die konkrete Entscheidung zuständig ist, bestimmt der Geschäftsverteilungsplan des jeweiligen OLG (§ 21e GVG).
C. Örtliche Zuständigkeit
Rz. 3
Örtlich zuständig ist das OLG, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat, also das dem Grundbuchamt im Instanzenzug übergeordnete OLG. Wechselt die Zuständigkeit des Grundbuchamts, nachdem dieses über einen Eintragungsantrag entschieden hatte, und wird sodann Beschwerde eingelegt, so hat das OLG über die Beschwerde zu entscheiden, das dem nunmehr zuständigen Grundbuchamt übergeordnet ist. Liegen Grundstücke, an denen Gesamtrechte bestehen, in den Bezirken verschiedener OLG, so sind widersprechende Entscheidungen möglich; diese können nur im Falle einer zugelassenen Rechtsbeschwerde durch den BGH gem. § 78 Abs. 2 Nr. 2 GBO beseitigt werden. Allein die theoretische Möglichkeit divergierender Entscheidungen genügt indes noch nicht für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 78 Abs. 2 GBO. Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 5 FamFG für die in dem Bezirk mehrerer Grundbuchämter liegenden Grundstücke kommt nach § 1 Abs. 2 GBO nur für die erste Instanz, nicht aber für das Beschwerdegericht in Betracht.
D. Sonderfälle
Rz. 4
Soweit frühere oder geschlossene Grundbücher und Grundakten von anderen als den grundbuchführenden Stellen aufbewahrt werden, entscheidet über die Gewährung der Einsicht in die früheren Grundbücher und Grundakten sowie über die Erteilung von Abschriften gem. §§ 12b, 12c Abs. 5 GBO der Leiter der Stelle oder ein von ihm hierzu ermächtigter Bediensteter. Gegen dessen Entscheidung ist die Beschwerde nach § 71 GBO gegeben. Örtlich zuständig für das Beschwerdeverfahren ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Stelle ihren Sitz hat (§ 12c Abs. 5 S. 3 GBO).
Rz. 5
Die in Baden-Württemberg nach §§ 1 Abs. 3, 26–35 Bad.-Württ. LFGG a.F. bei den Gemeinden bestehende Zuständigkeit für die Führung der Grundbücher ist zum 31.12.2017 aufgehoben worden. Seitdem bestehen gegenüber dem übrigen Bundesgebiet keine Besonderheiten mehr.
E. Überschreitung der Zuständigkeit
Rz. 6
Entscheidet ein örtlich unzuständiges OLG über eine Beschwerde, so ist die Entscheidung wirksam (vgl. § 2 Abs. 3 FamFG); diese ist – im Falle der Zulassung – mit der Rechtsbeschwerde an den BGH anfechtbar. Insoweit schränkt § 72 Abs. 2 FamFG für die Rechtsbeschwerde nur die Rüge der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts, mithin in Grundbuchsachen des GBA, nicht indes die Rüge der Unzuständigkeit des Beschwerdegerichts ein. Daher kann im Rechtsbeschwerdeverfahren die fehlende örtliche und sachliche Zuständigkeit des Beschwerdegerichts überprüft werden. Der BGH kann die Beschwerdeentscheidung aufheben und die Sache an das örtlich zuständige Beschwerdegericht verweisen.
Rz. 7
Auch die Verletzung der sachlichen Zuständigkeit (Entscheidung über die Beschwerde durch das LG) führt nicht zur Unwirksamkeit, sondern kann im Rahmen einer Rechtsbeschwerde geprüft werden (siehe Rdn 6), sofern diese zugelassen worden ist. Der BGH kann die angefochtene Entscheidung aufheben und das Verfahren an das sachlich berufene OLG als Beschwerdegericht verweisen. Dagegen kommt wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Rechtsmittelklarheit auch aus dem Grundsatz der ...