Gesetzestext
Erachtet das Grundbuchamt die Beschwerde für begründet, so hat es ihr abzuhelfen.
A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
§ 75 GBO entspricht § 572 ZPO und § 68 Abs. 1 FamFG und verpflichtet das GBA, einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Richters oder Rechtspflegers im Sinne von § 71 GBO, die es für begründet erachtet, abzuhelfen. Dies dient der zeitnahen Selbstkontrolle und damit der Verfahrensbeschleunigung. Zudem besteht für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, Kosten zu sparen, wenn er sein Rechtsmittel aufgrund der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung zurücknimmt. Letztlich werden durch das Abhilfeverfahren die Beschwerdegerichte entlastet.
Rz. 2
Die allgemeine Abänderungsbefugnis ergibt sich für das GBA, weil wegen der fehlenden Befristung der Beschwerde in Grundbuchsachen eine formelle Rechtskraft der Entscheidung nicht eintreten kann. Daher gilt in Grundbuchsachen nicht die Beschränkung der freien Abänderbarkeit durch § 48 Abs. 1 FamFG. Anders ist dies nur bei einer Bindungswirkung durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 77 GBO (s. dazu § 77 GBO Rdn 20). § 75 GBO findet auch im Fall einer Beschwerde nach § 89 GBO Anwendung. Dagegen gelten für die sofortigen Beschwerden gem. §§ 105 Abs. 2, 110 GBO sowie §§ 2, 4 Abs. 4 GBMaßnG die §§ 58 ff. FamFG; entsprechend richtet sich das Abhilfeverfahren nach § 68 Abs. 1 FamFG. Die Abhilfe bei einer Erinnerung gegen eine Rechtspflegerentscheidung (§ 11 Abs. 1 RPflG) bestimmt sich nach § 11 Abs. 2 S. 5 RPflG und bei einer Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nach § 12c Abs. 4 GBO.
Rz. 3
Bei Einlegung der Beschwerde unmittelbar beim Beschwerdegericht ist dieses berechtigt, ohne Durchführung eines Abhilfeverfahrens unmittelbar selbst zu entscheiden. Das Beschwerdegericht ist aber auch berechtigt, die Beschwerde vorab an das Grundbuchamt zur Durchführung eines Abhilfeverfahrens zu übersenden. Dieses bietet sich an, wenn die Beschwerde auf neue Tatsachen und Beweise gestützt wird, die nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren und eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen können. § 75 GBO findet nur auf die Erstbeschwerde Anwendung; daher darf das Beschwerdegericht einer Rechtsbeschwerde nicht abhelfen.
B. Abhilfeverfahren
I. Abhilfepflicht
Rz. 4
Die Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Abhilfeverfahrens von Amts wegen ist für das Grundbuchamt zwingend; unabhängig davon, ob im Ergebnis abgeholfen wird oder nicht. Eines entsprechenden Antrages des Beschwerdeführers bedarf es nicht. Hiervon zu unterscheiden ist die zu verneinende Frage, ob das Beschwerdegericht im Falle einer fehlenden Abhilfeentscheidung die Akten an das Grundbuchamt zurückgeben muss (siehe Rdn 11). Für das Grundbuchamt besteht kein Wahlrecht, ob es von der Möglichkeit einer Abhilfe Gebrauch macht. Das Abhilfeverfahren ist angesichts der eindeutigen gesetzlichen Formulierung "hat es ihr abzuhelfen" auch nicht in eilbedürftigen Verfahren entbehrlich. Eine Abhilfemöglichkeit besteht nicht bei einer Anschlussbeschwerde, sofern die Hauptbeschwerde bereits beim Beschwerdegericht anhängig ist. Zur Möglichkeit der Berücksichtigung der Anschlussbeschwerde bei einem noch beim Grundbuchamt anhängigen Abhilfeverfahren vgl. § 73 GBO Rdn 22.
Rz. 5
Eine Abhilfe durch das Grundbuchamt ist bis zum Erlass (siehe § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG) der Beschwerdeentscheidung möglich. § 75 GBO stellt insoweit keine zeitliche Grenze auf und die Entscheidung des Grundbuchamts erwächst nicht in Rechtskraft, so dass diese von dem Grundbuchamt geändert werden kann, soweit keine bindende Beschwerdeentscheidung vorliegt. Die Abhilfepflicht besteht indes nur bis zur Vorlage des Rechtsmittels an das Beschwerdegericht, da ab diesem Zeitpunkt die Sache dem Beschwerdegericht anfällt. Kündigt der Beschwerdeführer die Einreichung einer Beschwerdebegründung an, muss das Grundbuchamt vor der Abhilfeentscheidung eine angemessene Frist abwarten bzw. dem Beschwerdeführer eine Frist zur Vorlage der Begründung setzen (vgl. § 77 GBO Rdn 22). Ansonsten besteht keine Pflicht des Grundbuchamt, mit der Entscheidung über die Abhilfe zu warten.
Rz. 6
Von dem Abhilfeverfahren ist zu unterscheiden die jederzeit bestehende Möglichkeit der Berichtigung eines Beschlusses wegen Schreibfehlern, Rechenfehlern oder ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten.
II. Voraussetzungen der Abhilfe
Rz. 7
Ist das Grundbuchamt, gleichgültig aus welchen Erwägungen, überzeugt, dass eine Beschwerde sachlich begründ...