I. Zuständiges Gericht
Rz. 4
Die Befugnis zum Erlass einer einstweiligen Anordnung steht dem Beschwerdegericht und in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift dem Rechtsbeschwerdegericht zu (siehe § 78 GBO Rdn 73). Die Anordnung selbst kann nur durch das Gericht, also durch Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung und nicht – auch nicht in Eilfällen – durch den Vorsitzenden allein getroffen werden.
Rz. 5
Das Grundbuchamt ist grundsätzlich nicht – auch nicht während des Abhilfeverfahrens – berechtigt, von sich aus eine einstweilige Anordnung nach § 76 GBO zu erlassen, insbesondere einen Widerspruch oder eine Vormerkung einzutragen. § 76 GBO bzw. die übrigen Vorschriften der GBO schließen indes nicht die Anwendung der §§ 49 ff. FamFG aus. Daher kann, sofern die Voraussetzungen vorliegen (Antrag und Glaubhaftmachung bei Antragsverfahren, vgl. § 51 FamFG), das Grundbuchamt bis zur Vorlage der Beschwerde an das OLG oder nach Rückgabe der Akten durch das Beschwerdegericht eine selbstständige einstweilige Anordnung gem. §§ 49 ff. FamFG erlassen.
II. Zeitpunkt für den Erlass
Rz. 6
Das Beschwerdegericht kann eine einstweilige Anordnung ab Eingang des Rechtsmittels bei dem OLG oder ab der Vorlage der Beschwerde durch das GBO erlassen; vorher ist das Beschwerdegericht noch nicht mit der Sache befasst und darf daher keine Entscheidung in der Sache treffen. Die Befugnis zum Erlass der einstweiligen Anordnung endet mit dem Erlass der endgültigen Beschwerdeentscheidung (§ 38 Abs. 3 S. 3 FamFG). Eine einstweilige Anordnung kann nicht mehr in der die Beschwerde sachlich erledigenden Entscheidung oder zugleich mit dieser oder gar erst danach getroffen werden. Das Beschwerdegericht darf auch keine Regelung für die Zeit nach seiner Beschwerdeentscheidung treffen. Eine Ausnahme wird aus Gründen der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes zugelassen, wenn das Beschwerdegericht die Sache aufhebt und an das Grundbuchamt zur weiteren Sachaufklärung zurückgibt. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, mit der Beschwerdeentscheidung eine über den Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung hinausgehende einstweilige Anordnung zu erlassen. Ansonsten ist nur im Falle einer zugelassenen und eingelegten Rechtsbeschwerde der BGH als Rechtsbeschwerdegericht befugt, in entsprechender Anwendung des § 76 GBO eine einstweilige Anordnung zu erlassen.
III. Anforderungen an den Erlass
Rz. 7
Voraussetzung für den Erlass ist eine zulässige Beschwerde, weil nur in diesem Fall das Beschwerdegericht zu einer sachlichen Prüfung befugt ist. Ist noch eine umfangreiche Prüfung der Zulässigkeit erforderlich, reicht ausnahmsweise auch die bloße Möglichkeit einer zulässigen Beschwerde aus. Eine vorherige Entscheidung des Grundbuchamts über die Frage der Abhilfe ist nicht Voraussetzung. Ob das Beschwerdegericht eine einstweilige Anordnung treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Für die Ausübung des Ermessens wird bedeutsam sein, ob die Beschwerde bei einer summarischen Prüfung Aussicht auf Erfolg hat und ob der Eintritt eines Schadens zu befürchten ist. Es sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde mit den drohenden Nachteilen für den Betroffenen, insbesondere der Eintritt eines Schadens, gegeneinander abzuwägen. Erforderlich für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein dringendes Bedürfnis, das ein Zuwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht zulässt.
Rz. 8
Grundsätzlich dürfen im Rahmen der Ermessensentscheidung auch erstmals mit der Beschwerde vorgetragene neue Tatsachen und Beweise (§ 74 GBO) berücksichtigt werden. Eine Ausnahme besteht hinsichtlich neuen Vorbringens und neuer Beweismittel im Rahmen einer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrages. Diese dürfen im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens keine Berücksichtigung finden, da dem Beschwerdeführer nicht durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung eine bisher nicht bestehende Rangstellung gewährt werden darf (vgl. § 74 GBO Rdn 16).