I. Grundsatz
Rz. 21
Über die weitere Ausgestaltung des vom Beschwerdegericht einzuschlagenden Verfahrens enthält die GBO keine Vorschriften. Insoweit besteht für das Beschwerdegericht eine relativ freie Gestaltungsmöglichkeit, die begrenzt wird durch die Verfahrensgrundrechte. Das Beschwerdeverfahren ist zwar eine zweite Tatsacheninstanz. Das Beschwerdegericht erhebt indes keine Beweise, zu deren Erhebung nicht auch das Grundbuchamt verpflichtet wäre. Daher finden in Antragsverfahren grundsätzlich weder mündliche Verhandlungen noch eine Beweisaufnahme (z.B. durch Vernehmung von Zeugen) statt. Das Beschwerdegericht muss das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und sich mit den wesentlichen Ausführungen des Beschwerdeführers auseinandersetzen. Eine Übertragung des Verfahrens auf den Einzelrichter sieht die GBO (anders als § 68 Abs. 4 FamFG) nicht vor. Formlose Ermittlungen können dem Berichterstatter übertragen werden. Ebenso kann in den Fällen des § 375 ZPO eine Beweiserhebung durch einen beauftragten Richter erfolgen.
II. Wartefrist
Rz. 22
Wenn der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel nicht näher begründet bzw. nicht das Nachreichen einer Begründung ankündigt, darf das Gericht sofort über das Rechtsmittel entscheiden. Im Fall der Ankündigung einer Begründung, muss das Beschwerdegericht eine angemessene Frist abwarten. Die Dauer der Wartepflicht bestimmt sich nach dem Einzelfall, insbesondere der Dringlichkeit der anstehenden Entscheidung; ein Zuwarten von zwei bis drei Wochen ab Rechtsmitteleinlegung reicht grundsätzlich aus. Das Grundbuchamt oder das Beschwerdegericht bzw. dessen Vorsitzender können auch eine angemessene Begründungsfrist bestimmen, wobei i.d.R. zwei bis drei Wochen ausreichen; in eiligen Verfahren ist eine kürzere Frist gerechtfertigt. Räumt sich der Beschwerdeführer selbst eine Begründungsfrist ein, kann das Gericht diese Frist durch Setzen einer eigenen, den Umständen nach angemessenen Frist abkürzen. Eine nach Ablauf der Frist eingereichte Stellungnahme ist bis zum Erlass der Entscheidung zur berücksichtigen (siehe Rdn 23).
III. Rechtliches Gehör
Rz. 23
Der in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt für das gesamte Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit und somit auch für das Beschwerdeverfahren in Grundbuchsachen. Dieser Grundsatz besagt, dass den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden muss, sich vor der Entscheidung zum Gegenstand des Verfahrens und zum Sachverhalt zu äußern sowie zu Tatsachen und Beweisergebnissen Stellung zu nehmen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen beabsichtigt, und dass solche Tatsachen und Beweise zum Nachteil der Beteiligten nur verwendet werden dürfen, wenn sich diese zu ihnen erklären konnten. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies insbesondere, dass die angefochtene Entscheidung zuungunsten anderer Beteiligter als den Beschwerdeführer nur geändert werden darf, wenn diese sich zuvor zur Beschwerde äußern konnten. Ausnahmsweise hat eine Anhörung zu unterbleiben, wenn die Gefahr eines Rechtsverlusts besteht, z.B. bei der Anordnung der Eintragung eines Amtswiderspruchs. Zum rechtlichen Gehör im Verfahren vor dem Grundbuchamt siehe § 2 Einl. GBO Rdn 27 f., 58 ff.
IV. Zeitpunkt der Entscheidung; Aussetzung; Unterbrechung
Rz. 24
Das Beschwerdegericht hat über die Beschwerde zu entscheiden, sobald es dazu in der Lage ist. Es müssen nicht zwingend Schriftsatzfristen gesetzt werden, sofern dies nicht aus Gründen des rechtlichen Gehörs geboten ist. Eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens kann der Beschwerdeführer nicht verlangen und kommt auch grundsätzlich nicht in Betracht. Das Beschwerdeverfahren wird weder durch den Tod eines anwaltlich oder notariell vertretenen Antragstellers noch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Das Beschwerdegericht hat die Zulässigkeit und Begründetheit der Beschwerde stets nach Maßgabe des Sach- und Streitstandes zu beurteilen, wie er sich zur Zeit der Entscheidung darstellt. Zu berücksichtigen ist der gesamte Tatsachenstoff, der bis zum Erlass der Entscheidung (vgl. § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG) vorliegt.