Gesetzestext
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist mit Gründen zu versehen und dem Beschwerdeführer mitzuteilen.
A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
Das eigentliche Beschwerdeverfahren ist in der GBO nur rudimentär geregelt. § 77 trifft lediglich eine Regelung über die Begründung der Beschwerdeentscheidung sowie deren Bekanntgabe, in der Vorschrift noch als Bekanntmachung bezeichnet. Um die Richtigkeitsgewähr der Entscheidung zu stärken und dessen Akzeptanz bei den Beteiligten zu erhöhen, schreibt die Regelung in Übereinstimmung mit anderen Verfahrensordnungen (z.B. § 69 FamFG) vor, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts stets zu begründen und dem Beschwerdeführer bekannt zu geben ist. Zudem wird in den Fällen der Zulassung der Rechtsbeschwerde dem Rechtsbeschwerdegericht (BGH) die Überprüfung der Beschwerdeentscheidung in rechtlicher Hinsicht nur ermöglicht, wenn diese mit Gründen versehen ist und die tatsächlichen Feststellungen erkennbar sind. Dass dem Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung mitzuteilen ist, ist für ein Verfahren, das rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen soll, an sich selbstverständlich und hätte keiner ausdrücklichen Regelung bedurft.
B. Prüfungspflicht des Beschwerdegerichts
I. Grundsatz
Rz. 2
Die Prüfungspflicht des Beschwerdegerichts ist durch keine gesetzlichen Vorschriften eingeschränkt. Das Beschwerdeverfahren ist eine zweite Tatsacheninstanz. Insoweit tritt das Beschwerdegericht in den Grenzen der Beschwerde vollständig an die Stelle des Grundbuchamts. Es hat dessen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung umfassend nachzuprüfen. Das bezieht sich sowohl auf zwingende Vorschriften als auch auf Ordnungsvorschriften. Urkunden und Erklärungen hat es selbst auszulegen (vgl. § 2 Einl. GBO Rdn 75 ff.). Das Beschwerdegericht erhebt indes keine Beweise, zu deren Erhebung nicht auch das Grundbuchamt verpflichtet wäre. Daher findet in Antragsverfahren grundsätzlich weder eine mündliche Verhandlung noch eine Beweisaufnahme (z.B. durch Vernehmung von Zeugen) statt. Im Verfahren zur Klarstellung der Rangverhältnisse hat das Grundbuchamt nach §§ 100, 102 GBO einen Verhandlungstermin abzuhalten; dazu ist auch das Beschwerdegericht berechtigt. In allen übrigen Amtsverfahren kann es die Beteiligten anhören oder Beweise erheben. Die Überprüfungsmöglichkeit wird durch den erstinstanzlichen Verfahrensgegenstand sowie den beim Beschwerdegericht angefallenen Gegenstand begrenzt. Hat das Rechtsbeschwerdegericht die vorangegangene Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, so ist das Beschwerdegericht an die rechtliche Beurteilung des BGH gebunden (§ 77 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 6 S. 4 FamFG).
II. Ermessensentscheidungen
Rz. 3
Die Beschwerde eröffnet dem Beschwerdegericht eine umfassende Nachprüfung der Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung, auch soweit es sich um die Anwendung des Ermessens durch das Grundbuchamt handelt. Streitig ist, in welchem Umfang die Ermessensentscheidung der Prüfung durch das Beschwerdegericht unterliegt. Teilweise wird vertreten, dass bei allen Ermessensvorschriften nicht nur eine Nachprüfung zu erfolgen hat, ob das Grundbuchamt das Ermessen richtig gehandhabt hat, sondern sein eigenes Ermessen auszuüben. Es kann eine neue, eigene Ermessensentscheidung treffen. Dem gegenüber geht die zutreffende h.M. in Rechtsprechung und Literatur von einer dahingehenden eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit aus. Das Beschwerdegericht darf nur prüfen, ob das Grundbuchamt von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Ist dies der Fall, ist das Beschwerdegericht nicht befugt, die fehlerfreie Entscheidung durch eine eigene (abweichende) Ermessensentscheidung zu ersetzen.
III. Zuständigkeitsrüge
Rz. 4
Die GBO sieht abweichend von § 65 Abs. 4 FamFG keinen Ausschluss der Zuständigkeitsrüge im Beschwerdeverfahren vor. Daher hat das Beschwerdegericht auch zu prüfen, ob das Grundbuchamt seine örtliche, sachliche oder funktionelle Zuständigkeit zu Recht bejaht hat. Ebenso kann das Vorliegen der deutschen Gerichtsbarkeit durch das Beschwerdegericht überprüft werden.
IV. Antragsverfahren
1. Allgemeines
Rz. 5
Im Antragsverfahren beschränkt sich die Nachprüfungspflicht des Beschwerdegerichts auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten Tatsachenstoff. Das Beschwerdegericht hat nicht den gesamten Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, wie es § 26 FamFG für das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorschreibt; diese Vorschrift ist im Antragsverfahren nicht anwendbar. Das Beschwerdegericht kann aber zur Beseitigung von Unklarheiten Rückfragen beim Grundbuchamt oder beim Beschwerdeführer halten, diesem die Ergänzung seines Vorbringens oder die Vorlage von Urkunden aufgeben oder andere Beteiligte auffo...