Rz. 45
Die Rechtsbeschwerde ist begründet, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 72 Abs. 1 S. 1 FamFG). Recht im Sinne dieser Vorschrift ist jede Rechtsnorm. Es gehören alle Gesetze im formellen und materiellen Sinne, also alle Bundes- und Landesgesetze, Rechtsverordnungen, Staatsverträge, Europäisches Gemeinschaftsrecht, autonome Satzungen und das Gewohnheitsrecht dazu; ebenso das fortgeltende Recht der ehemaligen DDR. Ebenso unterliegen Allgemeine Geschäftsbedingungen der Prüfung und Auslegung durch das Rechtsgeschäft, wenn es auf deren Anwendung ankommt. Es können zwingende Vorschriften oder Ordnungsvorschriften sein, sachlich-rechtliche wie verfahrensrechtliche. Auch die GBV ist eine revisibele Rechtsverordnung, Statuten und ähnliche Normen sind Recht im Sinne des § 78 GBO, soweit die Unterwerfung unter sie auf gesetzlichem Zwang beruht. Deshalb unterliegen Satzungen der Kapitalgesellschaften und öffentlichen Kreditanstalten der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht; nicht indes rein innerdienstliche, das Gericht nicht bindende Verwaltungsanweisungen sowie allgemeine Erfahrungssätze oder rechtsgeschäftliche Bestimmungen zwischen den Parteien.
Rz. 46
Die Rechtsbeschwerde kann auch auf die Verletzung ausländischen Rechts gestützt werden, denn die Beschränkung des früheren § 545 ZPO auf Bundesrecht ist durch das FGG-RG aufgehoben worden. Nicht gestützt werden kann die Rechtsbeschwerde darauf, dass das Grundbuchamt seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (§ 72 Abs. 2 FamFG). Anderes gilt auch dann nicht, wenn die Rechtsbeschwerde gerade zur Klärung der Zuständigkeit zugelassen worden ist. Dagegen kann gerügt werden, dass der Rechtspfleger des Grundbuchamts für die Entscheidung funktionell unzuständig war.
Rz. 47
Die Revisibilität von Kann- und Sollvorschriften lässt sich nicht einheitlich beurteilen. Bezweckt die Vorschrift mit ihrer Fassung, dass ihre Nichtbeachtung eine Unwirksamkeit zur Folge hat, so rechtfertigt ein Verstoß die weitere Beschwerde. Bedeutet die Kann- oder Sollfassung aber nur, dass eine Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, dann ist eine Verletzung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt nachprüfbar. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie für richterliche Ermessensentscheidungen.
Rz. 48
Tritt nach Erlass der Beschwerdeentscheidung eine Gesetzesänderung ein, so ist diese vom Rechtsbeschwerdegericht zu beachten. Es kommt nicht auf eine subjektive Rechtsverletzung der Tatsacheninstanz, sondern darauf an, dass die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts objektiv mit dem Gesetz in Einklang steht. Deshalb ist grundsätzlich das im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts geltende Recht maßgebend. Das gilt jedoch nicht, wenn der Verfahrensgegenstand nach dem zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts von der Änderung nicht betroffen wird. Diese bereits im Bereich der ZPO und der freiwilligen Gerichtsbarkeit allgemein anerkannten Grundsätze sind auch in Grundbuchsachen anzuwenden. Änderungen des Verfahrensrechts ergreifen grundsätzlich, wenn keine gegenteiligen Übergangsvorschriften ergangen sind, anhängige Verfahren, sind also vom Gericht der Rechtsbeschwerde zu berücksichtigen.