Gesetzestext
A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
§ 88 GBO ergänzt die Verfahrensvorschriften betreffend die Löschung gegenstandsloser Eintragungen. Grundsätzlich finden auch in Grundbuchsachen auf Amtsverfahren die allgemeinen Vorschriften des FamFG, insbesondere der Amtsermittlungsgrundsatz gem. § 26 FamFG, Anwendung, soweit die GBO keine Spezialregelungen enthält. Diese Verfahrensvorschriften fügt § 88 GBO zwei Ergänzungen hinsichtlich der Vorlegung von Briefen und anderen Urkunden sowie der Bekanntgabe der Löschungsankündigung und des Feststellungsbeschlusses hinzu. Abs. 1 bezweckt die Erfüllbarkeit der im Amtsverfahren nicht geltenden Vorschriften der §§ 41, 42 GBO und dient der sicheren Feststellung des Berechtigten, da bei Briefrechten allein die Eintragung im Grundbuch die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB nicht begründet. Zudem soll hierdurch die Aufnahme des Vermerks entsprechend § 62 Abs. 1 GBO sichergestellt werden. Abs. 2 wurde durch das Zustellungsgesetz v. 25.6.2001 sowie durch das FGG-RG v. 17.12.2008 geändert. Die Vorschrift bezweckt zuverlässig die durch das Gericht gesetzte Widerspruchsfrist nach § 87 lit. b GBO bzw. die gesetzliche Beschwerdefrist nach § 87 lit. c GBO in Gang zu setzen und dient damit der Rechtssicherheit.
B. Vorlegung von Briefen und anderen Urkunden (Abs. 1)
Rz. 2
Grundsätzlich ist das Grundbuchamt nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehen Fällen ermächtigt, die Besitzer von Urkunden zur Vorlage anzuhalten. Eine solche Ermächtigung enthält Abs. 1 für das Löschungsverfahren. In diesem Verfahren kann der Besitzer von Briefen sowie von Urkunden der in den §§ 1154, 1155 BGB bezeichneten Art (z.B. Abtretungserklärungen, Überweisungsbeschlüsse insbesondere bei Überweisung an Zahlungs Statt gem. § 835 Abs. 2 ZPO, Anerkenntnisse einer kraft Gesetzes übertragenen Forderung etc.) durch das Grundbuchamt zur Vorlegung dieser Unterlagen angehalten werden. Den in § 1155 BGB genannten Urkunden sind der Pfändungsbeschluss nach § 830 ZPO sowie die Verpfändungserklärungen (§ 1274 i.V.m. § 1154 BGB) sowie für den Nachweis eines gesetzlichen Rechtsübergangs Erbscheine oder öffentliche Verfügungen von Todes wegen mit Eröffnungsniederschrift gleichzustellen. Die Löschung einer Briefhypothek, Briefgrundschuld oder Briefrentenschuld ist entsprechend der Vorschrift des § 62 Abs. 1 GBO auf dem Brief zu vermerken.
Rz. 3
Im Falle der Weigerung ist nach entsprechendem Hinweis gem. § 35 Abs. 2 FamFG die Vorlegung mit den Zwangsmitteln nach § 35 Abs. 1 FamFG (Zwangsgeld bis zu 25.000 EUR, Zwangshaft bis zu 6 Wochen) oder § 35 Abs. 4 FamFG (zwangsweise Wegnahme der Urkunde) durchsetzbar (s. auch die Kommentierung zu § 62 GBO Rdn 1 ff.). Für den Vollzug der Haft gelten §§ 820g Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 802h, 802j Abs. 1 ZPO entsprechend (§ 35 Abs. 3 S. 3 FamFG). Der Zwangsmittelbeschluss ist mit der sofortigen Beschwerde entspr. §§ 567 ff. ZPO anfechtbar (§ 35 Abs. 5 FamFG), weil § 35 FamFG insoweit als Sondervorschrift § 71 Abs. 1 GBO vorgeht.
C. Bekanntgabe der Löschungsankündigung und des Feststellungsbeschlusses (Abs. 2)
Rz. 4
Die Bekanntgabe der Löschungsankündigung (§ 87 lit. b GBO) oder des Feststellungsbeschlusses (§ 87 lit. c GBO) richtet sich grundsätzlich nach § 41 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 15 Abs. 2 S. 1 1. Alt. FamFG. Sie kann durch Bekanntgabe an den anwesenden Empfänger oder § 41 Abs. 2 FamFG oder nach den Vorschriften der ZPO über die Amtszustellung (§§ 166 bis 195 ZPO) bewirkt werden. Dagegen sind gem. Abs. 2 lit. a durch den Ausschluss der Anwendbarkeit des § 184 ZPO die Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten (§ 1...