Gesetzestext
Ist die Person oder der Aufenthalt eines Beteiligten oder seines Vertreters unbekannt, so kann das Grundbuchamt dem Beteiligten für das Rangbereinigungsverfahren einen Pfleger bestellen. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Betreuungsgerichts das Grundbuchamt.
A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
Wegen der Bedeutung des Rangklarstellungsverfahrens ist es erforderlich, dass alle Beteiligten am Verfahren teilnehmen und Abwesende ordnungsgemäß vertreten sind. Da in dem Verfahren eine öffentliche Zustellung ausscheidet (§ 98 GBO), ermöglicht § 96 GBO die Bestellung eines speziellen Verfahrenspflegers durch das GBA, damit dieser die Interessen eines unbekannten Beteiligten durch Abgabe von Erklärungen, Teilnahme an mündlichen Verhandlungen und Entgegennahme von Zustellungen im Verfahren wahrnehmen kann.
B. Voraussetzungen der Pflegschaft
Rz. 2
Die Bestimmung des § 96 GBO entspricht dem mit Wirkung vom 1.9.2013 aufgehobenen § 364 FamFG, geht aber weiter als dieser. Nach S. 1 kommt die Bestellung eines Pflegers durch das Grundbuchamt (S. 2) in Betracht, wenn die Person des Beteiligten, dessen Aufenthaltsort, die Person des Vertreters des Beteiligten oder dessen Aufenthaltsort unbekannt sind. Unter Vertreter ist sowohl der gesetzliche als auch der rechtsgeschäftliche Vertreter zu verstehen. In entsprechender Anwendung von § 1884 BGB ist die Bestellung eines Pflegers auch zulässig, wenn die Person und der Aufenthalt des Beteiligten bekannt sind, dieser aber an der Teilnahme und Wahrnehmung seiner Rechte im Rangbereinigungsverfahren durch Abwesenheit verhindert ist.
Rz. 3
An die Feststellung der Voraussetzungen für die Pflegschaft sind nicht zu geringe Anforderungen zu stellen, da es das Bestreben des Gesetzes ist, zur Gewährung des rechtlichen Gehörs den wahren Beteiligten hinzuzuziehen, und dieser durch einen Pfleger meist nur unvollkommen vertreten wird. Das Grundbuchamt hat deshalb, bevor es zur Bestellung des Pflegers schreitet, in geeigneter Weise Ermittlungen anzustellen und alle zumutbaren Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Hat der Beteiligte einen Vertreter, dessen Person oder Aufenthalt dem Grundbuchamt bekannt ist und dessen gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für das Rangbereinigungsverfahren, insbesondere auch für die Empfangnahme von Zustellungen, ausreicht, so kommt eine Pflegerbestellung nicht in Frage.
C. Wirkungen der Pflegschaft
Rz. 4
Die Pflegschaft des § 96 GBO hat lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung und beschränkt sich auf das Rangklarstellungsverfahren. Seine Bestellung schließt nicht die Bestellung eines weiteren Verfahrenspflegers für Verfahrensunfähige aus. Der Pfleger hat den unbekannten Beteiligten oder dessen Vertreter im Rangklarstellungsverfahren zu vertreten. Alle Zustellungen haben an den Pfleger zu erfolgen. Seine Erklärungen wirken für und gegen diesen Beteiligten. Im Übrigen unterliegt die Pflegschaft den Vorschriften des BGB über Pflegschaften; insbesondere ist § 1888 BGB anzuwenden. Der Pfleger haftet dem Vertretenen nach §§ 1888, 1826 BGB. An die Stelle des Betreuungsgerichts tritt das Grundbuchamt (S. 2), vor allem auch für die Erteilung etwa notwendig werdender Genehmigungen nach §§ 1888, 1848 ff. BGB sowie für die Festsetzung der Vergütung.
D. Beendigung der Pflegschaft
Rz. 5
Da es sich um eine Pflegschaft zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit handelt, endet diese gem. § 1886 Abs. 2 BGB mit ihrer Erledigung; also mit der Beendigung (§ 112 GBO) oder Einstellung (§ 109 GBO) des Rangbereinigungsverfahrens. Beendigung der Pflegschaft tritt ebenfalls mit ihrer Aufhebung entsprechend §§ 1886 Abs. 1, 1887 BGB ein. Die vom Pfleger oder ihm gegenüber vorgenommenen Verfahrenshandlungen bleiben gem. § 47 FamFG wirksam.