Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsberichtigung: Entscheidung über Tatbestandsberichtigungsantrag bei verspäteter Urteilszustellung. Rechtsstaatsprinzip: Gebot des fairen Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufgrund des im Rechtsstaatsprinzips verankerten Gebots des fairen Verfahrens dürfen sich eigene Veräumnisse des Gerichts nicht zum Nachteil der Verfahrensbeteiligten auswirken.
2. Das Gericht hat bei Zustellung des Urteils nach Ablauf der in § 320 Abs. 1 S. 3 ZPO genannten Frist über einen im Übrigen zulässigen Tatbestandsberichtigungsantrag in der Sache zu entscheiden.
Normenkette
ZPO § 320 Abs. 2 S. 3
Tenor
Auf S. 5, Zeile 5 wird das erste Wort „T.” durch die Worte „der Kläger” ersetzt.
Eine weitergehende Berichtigung wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag des Beklagten zu 2) ist ungeachtet des Ablaufs der in § 320 Abs. 2 S. 3 ZPO genannten Frist zulässig.
Wird das vollständig abgefasste Urteil den Parteien – wie hier geschehen – erst nach Ablauf dieser Frist zugestellt, so gebietet das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot des fairen Verfahrens, über einen i.Ü. zulässigen Tatbestandsberichtigungsantrag in der Sache zu entscheiden. Das Gebot des fairen Verfahrens verbietet ein widersprüchliches Verhalten des Gerichts, insbesondere darf es aus eigenen Versäumnissen keine Nachteile für die Verfahrensbeteiligten ableiten (vgl. BVerfG v. 26.4.1988 – 1 BvR 669/87, 686/87, 687/86, BVerfGE 78, 123 [126] = MDR 1988, 749). Eine Auslegung der Vorschrift des § 320 Abs. 2 S. 3 ZPO dahin, dass sie auch gilt, wenn das vollständig abgefasste Urteil drei Monate nach seiner Verkündung noch nicht zugestellt worden ist, liefe dem zuwider. Denn sie verkürzte – da sich der Antrag nach § 320 ZPO nicht begründen lässt, solange der Tatbestand nicht vorliegt – die Rechte der Verfahrensbeteiligten aus Gründen, die allein das Gericht zu vertreten hat.
In der Sache ist von den Berichtigungsanträgen des Beklagten zu 2) derjenige zu Nr. 3 begründet. Der Beklagte zu 2) hat im Schriftsatz vom 17.9.1998 S. 5 vorgetragen, dass der Kläger, nicht der Drittwiderbeklagte T., am 16.3.1997 erst eine Dreiviertelstunde später erschienen sei. Dies ist unstreitig geblieben. Bei der anderslautenden Darstellung im Tatbestand handelt es sich um eine Personenverwechslung, die zu berichtigen ist.
Die weiteren Anträge zu 1., 2., 4., 5. und 6. sind indessen unbegründet.
Zu 1.: Abgesehen von einem nicht näher erläuterten Beweisantritt für die Genehmigung des Kaufvertrages, Zeugnis H.B. und K.D.B., auf S. 4 und 5 der Klageschrift, hat keine der Parteien vortragen lassen, dass beide Personen die Verkäufer sind. Der Beklagte zu 2) hat im Gegenteil der Behauptung der Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 17.9.1998 auf S. 4, dass Verkäufer die Eheleute B. seien, ebensowenig widersprochen wie der entsprechenden Darstellung im landgerichtlichen Beweisbeschluss vom 17.12.1998, obwohl er sich mit diesem im Schriftsatz vom 14.7.1999 auf S. 3 im Einzelnen auseinandergesetzt hat. Es war für das Gericht nicht zu erkennen, dass der Beklagte zu 2) der Darstellung des Klägers im Schriftsatz vom 22.8.2000, S. 2, in dem von der Eigentümerin B. die Rede ist, widersprechen wollte, nachdem dies bezüglich der Eheleute als Verkäufer – wie dargelegt – bisher nicht geschehen war.
Zu 2.: Entgegen der Antragsbegründung des Beklagten zu 2) ist es weder unstreitig noch gibt es eine entsprechende Tatsachenbehauptung seinerseits dahin, dass T. Anfang 1997 den Beklagten zu 2) „im Auftrag des Verkäufers” angerufen hat. Die Darstellung im Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 20.6.2000 auf S. 6 bezieht sich ausdrücklich darauf, „was aus Sicht der Beklagten ohne weiteres anzunehmen war”, beschreibt mithin deren Wertung und gibt keine tatsächliche Erklärung des Drittwiderbeklagten T. wieder.
Zu 4.: Die Darstellung auf S. 6 des Urteils, derzufolge der Kläger unter Beifügung seiner Rechnung die Zahlung der Maklerprovision verlangt habe, entspricht seinem unstreitig gebliebenen Vortrag in der Klageschrift auf S. 6, wonach er, der Kläger, seine Kostenrechnung habe übersenden lassen. Der ausdrückliche Vortrag in der Klageschrift geht etwaigen Rückschlüssen aus der Formulierung „Unsere Mandantschaft …” im vorprozessualen Schreiben der späteren Klägervertreter vom 29.10.1997 vor.
Zu 5.: Der Tatbestand des Urteils ist auch nicht deshalb unrichtig, weil er ein von der Beklagten zu 1. im Schriftsatz vom 5.11.1998 vorgetragenes Provisionsgespräch mit T. zum Objekt J.Z. am 29.10.1996 nicht wiedergibt. Es ist behauptet worden, dass T. in diesem Zusammenhang „in der Regel” einen Provisionsnachlass bei einer bestimmten Kaufpreishöhe erwähnt hat. Der Senat ist nicht verpflichtet, jeglichen Parteivortrag im Tatbestand wiederzugeben, zumal dann nicht, wenn er ihn nicht für entscheidungserheblich hält (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Zu 6.: Die auf S. 17 des Urteils getroffene Feststellung, dass der Beklagte zu 2. bei der Besichtigung am 14.2.1997 wusste, dass die Verkäufer inzwischen ihre Kaufpreisforderung herabgesetzt ha...