Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 11.10.2016; Aktenzeichen 102 O 105/11 SpruchG) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Antragsteller zu ... wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin vom 11. Oktober 2016 in Ziff. 1 und 2 abgeändert und insofern wie folgt gefasst:
1. Die den außenstehenden Aktionären der G.B. AG (früher F. AG) aus dem am 13. Mai 2011 abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf Verlangen zustehende angemessene Abfindung (§ 305 Abs. 1 AktG) wird auf 28,73 Euro je Aktie festgesetzt.
2. Der den außenstehenden Aktionären zustehende angemessene Ausgleich (§ 304 Abs. 1 AktG) wird auf 2,38 Euro Brutto abzüglich etwaiger Körperschaftssteuer und etwaigem Solidaritätszuschlag nach dem jeweils für diese Steuern für das betreffende Geschäftsjahr geltenden Steuersatz festgesetzt.
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
3. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre, sowie die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, zu tragen.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts des Beschwerdeverfahrens bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das vorliegende Spruchverfahren betrifft die Festsetzung der den Minderheitsaktionären der G.B. AG (früher F. AG; nachfolgend: F.) aufgrund des zwischen dieser und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages gemäß § 304 AktG zu gewährenden Ausgleichs sowie der gemäß § 305 AktG auf Verlangen zu gewährenden Abfindung.
Unternehmensgegenstand der F. war die Vermarktung von Computerspielen im Segment der so genannten "Massively Multiplayer Online-Free-to-Play-Games" (MMOG). F. entwickelte Spiele nicht selbst, sondern betrieb und vermarktete lizenzierte Online-Spiele, unter Anpassung der meist von asiatischen Unternehmen entwickelten Spiele an jeweilige Zielmärkte (sog. Lokalisation). Das entsprechende MMOG-Geschäft wurde erst im Jahr 2008 aufgebaut. Im März 2009 wurde das erfolgreiche Spiel - "R." (R.) - veröffentlicht. Daneben wurden bis zum Bewertungsstichtag (28. Juni 2011) zwei weitere Spiele betrieben, während drei andere Veröffentlichungen mangels Erfolgs bereits wieder eingestellt waren. Wichtigste Märkte waren Europa, mit etwas Abstand auch Nordamerika.
Die Aktien der F. (2.900.000 auf den Inhaber lautende, nennwertlose Stückaktien bei Grundkapital von 2.900.000 Euro) waren ab Februar 2006 zum Handel im Entry Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen, im Handelssystem XETRA notiert und in den Freihandel der Börsen Berlin, Düsseldorf, München und Stuttgart einbezogen.
Die Antragsgegnerin bot im September 2010 im Rahmen eines freiwilligen Übernahmeangebots für die Aktien der F. 27,50 Euro je Stückaktie.
Am 15. Februar 2011 wurde die Absicht des Abschlusses eines Unternehmensvertrages bekannt gegeben. An diesem Tag stieg der Aktienkurs der F. um 11,1 %. Der durchschnittliche gewichtete Aktienkurs im Dreimonatszeitraum bis zum 15. Februar 2011 (Bekanntgabe der beabsichtigten Maßnahme) lag bei 24,99 Euro.
Mit Beschluss vom 22. März 2011 bestellte das Landgericht Herrn Dipl.-Kfm. M. W. zum Vertragsprüfer (nachfolgend: Vertragsprüfer) gem. § 293c Abs. 1 AktG.
Am 28. Juni 2011 stimmte die Hauptversammlung der F. dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (nachfolgend: Unternehmensvertrag) zu. Darin verpflichtete sich die Antragsgegnerin zu einer Barabfindung von 26,00 Euro je Aktie, sowie zu einer Ausgleichszahlung von 0,90 Euro (brutto) je Geschäftsjahr. In Ziff. 5.6 des Vertrags ist eine zusätzliche Berechtigung vorgesehen, die Aktien bei Beendigung des Unternehmensvertrages zu 26,00 Euro an die Antragsgegnerin zu veräußern. Der Unternehmensvertrag ist befristet und endet am 31. Dezember 2014.
Grundlage für die vorgesehene Abfindung und den vorgesehenen Ausgleich war die Gutachterliche Stellungnahme zum Unternehmenswert der F. vom 28. Juni 2011 durch die K. AG Wirtschaftsprüfergesellschaft (nachfolgend: Bewertungsgutachterin bzw. Bewertungsgutachten). Im Ergebnis wurde ein Wert je Aktie von 25,12 Euro ermittelt. Der Ausgleichsbetrag wurde durch Verrentung des Abfindungswertes ermittelt. Für den Zinssatz bzw. Verrentungsfaktor wurde zugrunde gelegt, dass nach dem Unternehmensvertrag bei dessen Ablauf eine (erneute) Option zum Verkauf der Anteile gegen die vereinbarte Abfindungshöhe (26,00 Euro) festgehalten ist. Daher wurde der Zinssatz in Anlehnung an das Risiko einer Unternehmensanleihe bestimmt, woraus eine Bruttoausgleichszahlung von 0,90 Euro errechnet wurde (Bewertungsgutachten, S. 54 - 56).
Der Vertragsprüfer hat sich den Annahmen im Bewertungsgutachten im Gutachten vom 13. Mai 2011 (nachfolgend: Gutachten des Vertragsprüfers) angeschlossen.
In dem vor dem Landgericht Berlin geführten Spruchverfahren zur Höhe der Abfin...