Leitsatz (amtlich)
"Kosten der Bewachung des Gebäudes" können auf Grundlage einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung - auch einer Allgemeinen Geschäftsbedingung - als Betriebskosten auf den Mieter von Gewerberaum umgelegt werden, ohne dass es einer Begrenzung der Höhe nach bedarf.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.05.2021; Aktenzeichen 11 O 254/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11.05.2021, Aktenzeichen 11 O 254/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Berlin ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 101.358,03 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin hat Räume für eine Orthopädiepraxis in einem Ärztehaus gemietet. Das Landgericht hat ihre Klage auf Rückzahlung von Betriebskosten für die Jahre 2014 bis 2016 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge hinsichtlich Bewachungskosten in Höhe von 73.505,87 EUR weiter und macht geltend:
Die Klausel zur Übertragung der Bewachungskosten sei intransparent und damit unwirksam. Die hohen Bewachungskosten seien für durchschnittliche Gewerbemieter bei Mietvertragsunterzeichnung nicht im Ansatz überschau- noch kalkulierbar gewesen.
Die Überwachung des Objekts rund um die Uhr für mittlerweile 200.248,44 EUR jährlich liege nicht im Interesse der Klägerin, die keine werthaltigen Dinge in ihrer Praxis vorhalte und einen eigenen Wachschutz mit Alarmaufschaltung unterhalte.
Bewachungskosten dürften dem Mieter ebenso wenig wie Erhaltungslasten von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen unbegrenzt auferlegt werden, denn die Bewachung ziele darauf, Dritte vom Objekt fernzuhalten und Verunreinigungen oder Sachbeschädigungen durch derartige Personen zu verhindern, mit denen der Mieter nichts zu tun habe und die nicht in seine Risikosphäre fallen. Da der Vermieter bei permanentem Aufenthalt unbefugter Personen einem Minderungsanspruch ausgesetzt wäre, liege es überwiegend in seinem Interesse, diese Personen fernzuhalten.
Soweit das Gericht trotz gegenteiligem Beweisantritt der Klägerin unterstelle, das Gebäude sei in
einer Gegend gelegen, in der es nicht viele Obdachlose und Drogensüchtige gebe, verkenne es die Beweislast. Die Beklagte sei beweisbelastet dafür, dass die Bewachungskosten zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Mietobjekts gehören und überwiegend dem Mieter zugutekommen, und trage dazu nicht substantiiert vor.
Das Landgericht habe gegen § 139 Abs. 1 ZPO verstoßen. Hätte es seine Auffassung zu erkennen gegeben, die Bewachung käme überwiegend den Mietern zugute, hätte die Klägerin dazu vortragen können, dass nahezu alle weiteren Mieter in dem Ärztehaus über eigene Wachschutzaufschaltungen verfügen und der überwiegende Teil der Mieter von daher nicht auf eine "rund um die Uhr Bewachung" angewiesen sei und diese auch nicht wünsche. Das Gericht hätte hier weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben müssen statt einfach Dinge zu unterstellen, ohne jemals in dem Gebäude und Umfeld gewesen zu sein. Die Prozessleitung verstoße auch gegen § 139 Abs. 1 ZPO, indem das Gericht sich nach Übergang ins schriftliche Verfahren (unter Verkennung der Beweislast) darauf gestützt habe, die Klägerin habe zu unbefugten Dritten und Beschädigungen sowie Verunreinigungen in dem Mietobjekt nicht substantiiert vorgetragen.
Mit Schriftsatz vom 31.12.2021 hat die Klägerin die Klage um 27.852,16 EUR Wachschutzkosten für 2017 gemäß Betriebskostenabrechnung vom 20.12.2018 erweitert. Der angeforderte Kostenvorschusses ist nicht eingegangen und die Zustellung der Klagerweiterung nicht veranlasst worden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 11.05.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin Az.: 11 O 254/20 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 73.505,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, bei den Kosten der Bewachung handele es sich unstreitig um Betriebskosten gemäß § 1 BetrKV, die aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung auf den Mieter umgelegt werden können. Eine eindeutige Umlagevereinbarung wie hier in § 3 Abs. 3 Mietvertrag werde nicht dadurch intransparent, dass ggf. sehr hohe Kosten entstehen können.
Für die Wirksamkeit einer Vereinbarung zur Umlage von Betriebskosten bedürfe es keiner Angabe einer Kostengrenze. Soweit der BGH bei der Übertragung von Instandhal...