Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 04.06.2016; Aktenzeichen (293 OWi) 3024 Js-OWi 11371/17 (1144/17))

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Juni 2016 wird verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 4. Juni 2018 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften um 45 km/h eine Geldbuße von 450,00 Euro sowie ein mit einer Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG versehenes Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Der Schriftsatz des Verteidigers vom 26. Juli 2018 lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.

Die auf die allgemeine Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufgezeigt, der die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebietet.

1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die tatrichterlichen Feststellungen genügen den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Urteilsgründe.

a) Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die konkrete Messmethode im Rahmen des Messverfahrens ProVida 2000 Modular nicht mitgeteilt wird.

aa) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277) genügt, soweit ein standardisiertes Messerfahren zum Einsatz kam, für die Beweiswürdigung neben der Wiedergabe der als erwiesen erachteten Messergebnisse die Mitteilung des Messverfahrens und des berücksichtigten Toleranzwerts (vgl. BGH a.a.O.). Diese rechtlichen Vorgaben hält das angefochtene Urteil ein. Die Mitteilung der konkreten Messmethode ist demgegenüber entbehrlich (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 25. Januar 2017 - 3 Ss OWi 1582/16 - [juris]; OLG Saarbrücken VRS 130, 118 m.w.N.). Dies wäre nur dann anders, wenn eine der in Frage kommenden Messmethoden andere Anforderungen an den vorzunehmenden Toleranzabzug stellen würde als die übrigen Methoden oder wenn es sich bei einer der möglichen Methoden nicht um ein standardisiertes Messverfahren handeln würde (vgl. OLG Bamberg a.a.O.). Beides ist hier nicht der Fall

bb) Der Senat kann ausschließen, dass eine Messmethode mit abweichenden Toleranzvorgaben zum Einsatz gekommen ist. Bei allen vier menügesteuerten Betriebsarten zur Geschwindigkeitsmessung (AUTO 1, AUTO 2, MAN, SPLIT) ist nach der für das verwendete Messgerät maßgeblichen innerstaatlichen Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), die dem Senat aus anderen Verfahren insofern bekannt ist, bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h ein Toleranzwert von 5 % des Messwerts abzuziehen. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Geschwindigkeit durch die ProVida-Modular-Anlage (automatisch) durch Nachfahren ermittelt wurde. Damit steht aber auch fest, dass die durchgeführte Messung nur mittels einer der vier menügesteuerten Messmethoden erfolgt sein kann.

cc) Aufgrund der Urteilsfeststellungen steht weiterhin zweifelsfrei fest, dass ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz kam.

dd) Denn bei allen menügesteuerten Betriebsarten zur Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät ProVida Modular 2000 handelt es sich jeweils um standardisierte Messverfahren im Sinne der eingangs zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. OLG Bamberg a.a.O. m.w.N.). Auch vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner näheren Bezeichnung, welche der vier menügesteuerten Betriebsarten zum Einsatz gekommen war.

ee) Der Einwand des Betroffenen, die festgestellte Messtrecke von 349 m sei zu kurz gewesen, greift nicht. Denn bei dem hier zum Einsatz gelangten Messverfahren ist - anders als beim Nachfahren und Geschwindigkeitsübermittlung mittels Tachometer - eine Mindestmesstreckenlänge nicht gefordert (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 3 Ws (B) 302/17 -).

b) Dagegen, dass das Amtsgericht eine vorsätzliche Begehungsweise angekommen hat, ist nichts zu erinnern.

Bei der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit drängt sich vorsätzliche Begehungsweise umso mehr auf, je massiver das Ausmaß der Überschreitung ist. Insoweit kann nach dem gegenwärtigen Wissensstand auf den Erfahrungssatz zurückgegriffen werden, dass jedenfalls bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40% - vorliegend beläuft sich diese auf 56,25 % - von Vorsatz auszugehen ist, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Wertung veranlassen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur VRS 100, 471). Solche besonderen Umstände weisen die Urteilsgründe nicht aus. Es ist indes davon auszugehen, dass dem Betroffenen die zulässige Höchstgeschwindigke...

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