Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 141
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 19.07.2002; Aktenzeichen 11 O 393/00) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Wert von 985,40 Euro zu tragen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Beweisgebühr durch die Befragung des Klägers zu 1) im Termin am 22.5.2002 nicht entstanden.
1. Die protokollierte Anhörung einer Partei im Anwaltsprozess, die zur Sachaufklärung im Rahmen des § 141 ZPO vorgenommen wurde, löst regelmäßig keine anwaltliche Beweisgebühr aus. Das gilt auch dann, wenn das Gericht an die Partei bestimmte Fragen stellt, denn dies dient dem Gericht i.d.R. nur zu der nach §§ 138, 139 ZPO gebotenen Erläuterung und Ergänzung des Parteivorbringens und der Beseitigung von Lücken, Unklarheiten oder Widersprüchen (vgl. statt aller Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, § 31 Rz. 106). Es führt daher auch nicht zur Entstehung einer Beweisgebühr, wenn sich bei dieser Anhörung Widersprüche zum anwaltlichen Vortrag der Partei ergeben und das Gericht seiner Entscheidung die Parteierklärungen zugrunde legt (KG JurBüro 1995, 249 = KGReport Berlin 1995, 36 – LS).
2. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor.
a) Ein solcher ist gegeben, wenn die Befragung der Partei und Protokollierung ihrer Erklärungen der Sache nach eine Parteivernehmung gem. §§ 445 ff. ZPO darstellt oder ihr gleichzustellen ist. Eines förmlichen Beweisbeschlusses gem. § 450 ZPO bedarf es dazu nicht, grundsätzlich wird aber eine Willensentschließung des Gerichts gefordert, aus der hervorgeht, dass das Gericht zu einer förmlichen Beweisaufnahme übergehen und sich nicht auf eine bloße Befragung der Partei beschränken will (Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, § 31 Rz. 105). Darüber hinaus reicht es aber auch aus, wenn das Gericht das Ergebnis der Parteianhörung beweismäßig wie bei einer Parteivernehmung nach § 448 ZPO verwertet hat (Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, § 31 Rz. 106; OLG Düsseldorf v. 15.5.2001 – 10 W 48/01, OLGReport Düsseldorf 2001, 397 = NJW-RR 2002, 133). Das ist der Fall, wenn sich der Entscheidung klare Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass das Gericht seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer str. oder sonst für beweisbedürftig erachteten Tatsache gerade auf den Inhalt der Aussage der angehörten Partei stützt.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin sind diese Voraussetzungen hier nicht gegeben. Wie sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils vom 22.5.2002 ergibt, hat das Gericht die str. und zunächst für beweisbedürftig gehaltene Frage der Echtheit der Urkunde vom 14.12.1999 offen gelassen. Es hat die Bekundungen des Klägers W. allerdings gewürdigt und laut Sitzungsprotokoll darauf hingewiesen, dass sich angesichts dieser Bekundungen auf der Grundlage des eigenen Vorbringens der Kläger Bedenken gegen die von den Klägern angenommene Anspruchsgrundlage ergäben. Das aber ist keine beweismäßige Verwertung, sondern der zu 1) erörterte Regelfall einer erneuten tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Parteivorbringens im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung.
b) Die Beweisgebühr ist auch nicht dadurch entstanden, dass das Gericht den Kläger zu 1) als Aussteller der Urkunde vom 14.12.1999 auch zu der – von der Beklagten bestrittenen – Frage der Echtheit der für die Beklagten abgegebenen Unterschrift „S.” gehört hat. Die Einholung von Erklärungen der Parteien über die Echtheit einer Privaturkunde dient gem. §§ 138, 439 ZPO der Vorbereitung einer Beweisaufnahme, die gem. §§ 440 ff. ZPO angeordnet wird, wenn das Gericht die Frage der Echtheit für beweisbedürftig hält. Diese Anhörung stellt noch keine Beweisanordnung des Gerichts – wie etwa die sog. Schätzungsvernehmung nach § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO (vgl. KG AGS 1996, 19) – dar.
Dass die Vorlegung der Originalurkunde im Termin vom 22.5.2002 keine Beweisgebühr auslöste, ergibt sich aus § 34 Abs. 1 BRAGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Sieveking
Fundstellen
Haufe-Index 1103091 |
AGS 2004, 14 |
RVGreport 2004, 400 |
KG-Report 2003, 377 |