Leitsatz (amtlich)
Ein Verstoß gegen § 145 a Abs. 3 Satz 2 StPO, läßt zwar die Wirksamkeit der Zustellung unberührt, begründet aber regelmäßig die Wiedereinsetzung des Beschuldigten in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist. Das Unterbleiben der Benachrichtigung des Verteidigers begründet ausnahmsweise nicht die Wiedereinsetzung, wenn der Betroffene im konkreten Fall Anlaß hatte, für die Einhaltung der Frist selbst Sorge zu tragen (hier: längerfristige Untätigkeit der Verteidigerin).
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 13.02.2006; Aktenzeichen 1 AR 371/06) |
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 19.04.2004; Aktenzeichen (214) 2 Wi Js 147/99 Ls (29/03)) |
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 08.08.2002; Aktenzeichen (263 b Ds) 65 Js 1333/01 VRs (756/01)) |
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 03.07.2000; Aktenzeichen (318 Ds) 61 Js 1183/97 (57/00)) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 13. Februar 2006 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Beschwerdeführer am 3. Juli 2000 in dem Verfahren (318 Ds) 61 Js 1183/97 (57/00) wegen Betruges in zwei Fällen, versuchten Betruges und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung und am 8. August 2002 in dem Verfahren (263 b Ds) 65 Js 1333/01 VRs (756/01) wegen Betruges in zwei Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die ihm in dem Urteil vom 3. Juli 2000 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung hat das Amtsgericht wegen der dem Urteil vom 8. August 2002 zugrunde liegenden Vergehen durch Beschluß vom 15. Juli 2003 widerrufen. Das Schöffengericht Tiergarten hat den Beschwerdeführer ferner am 19. April 2004 in dem Verfahren (214) 2 Wi Js 147/99 Ls (29/03) wegen Bestechlichkeit in 16 Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. Juli 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde zunächst nicht rechtskräftig. In der Zeit vom 1. September 2003 bis 27. August 2005 verbüßte der Beschwerdeführer die Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. Juli 2000 und 8. August 2002 jeweils zu zwei Dritteln. Im Anschluß daran wurde - bis zum 27. Februar 2006 - der Strafrest aus dem Urteil vom 8. August 2002 vollstreckt.
Mit Schreiben vom 13. November 2005 beantragte der Beschwerdeführer seine Entlassung aus der Haft; zur Begründung führte er - ergänzend mit Schreiben vom 11. Dezember 2005 - aus, die weitere Strafvollstreckung sei unzulässig, da die "Verkehrssache" - gemeint sind die Strafen aus dem Urteil vom 3. Juli 2000 - in das Urteil des Schöffengerichts vom 19. April 2004 einbezogen worden, ein Termin zur Verhandlung über seine Berufung gegen das Urteil des Schöffengerichts aber noch immer nicht anberaumt sei. Diese Einwendungen hat das Landgericht Berlin - Strafvollstreckungskammer - mit dem angefochtenen Beschluß vom 13. Februar 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Das Verfahren 2 Wi Js 147/99 Ls ist inzwischen rechtskräftig abgeschlossen. Das Landgericht Berlin hat das Urteil des Schöffengerichts Tiergarten auf die Berufung des Beschwerdeführers durch Urteil vom 6. März 2006, rechtskräftig seit demselben Tag, im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, daß der Beschwerdeführer unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. Juli 2000 und Einbeziehung der dort erkannten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde. Deren Rest von 366 Tagen verbüßt der Verurteilte zur Zeit; das Strafende ist auf den 28. Februar 2007 notiert.
1.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer vom 6. Februar 2006 ist gemäß §§ 458 Abs. 1, 462 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 StPO statthaft. Sie ist jedoch verspätet eingelegt und daher unzulässig. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat dazu ausgeführt:
"Mit der Zustellung am 23. Februar 2006 als Bekanntmachung (§ 35 StPO) begann der Lauf der Wochenfrist gemäß § 311 Abs. 2 StPO. Sie endete dementsprechend mit Ablauf des 2. März 2006. Das Beschwerdeschreiben des Verurteilten vom 26. Februar 2006 ist jedoch erst unter dem 3. März 2006 eingegangen. Da der von dem Verurteilten gewählte Übermittlungsweg nicht erkennbar ist, insbesondere nicht ersichtlich ist, inwieweit er sein Schreiben rechtzeitig der Post zur Beförderung überantwortet oder aber einen anderen Beförderungsweg gewählt hat, ist insoweit für eine amtswegige Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand kein Raum (vgl. hierzu Beschluss - zu ergänzen: des Kammergerichts - vom 14. April 2004 - 5 Ws 162/04 -)."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
2.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war auch nicht etwa deshalb geboten, weil der angefochtene Beschluß allein dem Beschwerdeführer zugest...