Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohngeldzahlung aufgrund später aufgehobener einstweiliger Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat vermag der vom Bundesgerichtshof (BGHZ 111, 148 = NJW 1990, 2386) beiläuffg geäußerten Auffassung, die Erwirkung einer später aufgehobenen einstweiligen Anordnung führe zur Schadensersatzpflicht analog § 945 ZPO, nicht beizutreten.

2. Wer durch eine später aufgehobene einstweilige Anordnung zur Erbringung von Wohngeldzahlungen an den Verwalter gezwungen worden ist, erleidet regelmäßig auch dann keinen Schaden im Rechtssinne, wenn die Beitragspflicht mangels Beschlußfassung über den Wirtschaftsplan noch nicht fällig war.

3. Wer die ihm durch einstweilige Anordnung im Wohnungseigentumsverfahren auferlegte Zahlungspflicht nicht freiwillig erfüllt, obwohl ihm ausreichende Barmittel zur Verfügung stehen, hat nach den Grundsätzen des § 254 Abs. 1 BGB die Zwangsvollstreckungs kosten auch bei späterer Aufhebung des Titels selbst zu tragen.

 

Normenkette

WEG § 44 Abs. 3; ZPO § 945; BGB §§ 249, 254

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 22.05.1990; Aktenzeichen 85 T 50/90 (WEG))

AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 70 II 70/88 (WEG))

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 22. Mai 1990 – 85 T 50/90 – wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragsgegnern die insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 15.300,04 DM.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 6. bis 12. als Wohnungseigentümer und der Beteiligte zu 13 als damaliger Verwalter haben für das vom 1. Mai 1986 bis zum 30. April 1987 laufende Wirtschaftsjahr das Wohngeldverfahren – 70 II 80/86 (WEG) AG Neukölln – = 191 T 247/86 (WEG) LG Berlin – gegen die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens betrieben. Diese ist in jenem Verfahren mit Beschluß des Landgerichts Berlin vom 18. Februar 1987 im Wege einstweiliger Anordnung zur sofortigen Zahlung von 15.000,00 DM verpflichtet worden. Die Antragstellerin hat daraufhin am 26. Februar 1987 einen Betrag von 6.867,37 DM bar an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu Händen des damals amtierenden Verwalters gezahlt. Außerdem hat sie nach ihrer Behauptung für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Heizölrechnung von 8.132,63 DM bezahlt und mit der ihr daraus zustehenden Erstattungsforderung mit Schreiben vom 26. Februar 1987 die Aufrechnung gegen den aus der einstweiligen Anordnung fälligen Restbetrag erklärt. Letztlich hat die Antragstellerin aufgrund der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung des Landgericht vom 18. Februar 1987 Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von 300,04 DM bezahlt. Für das Wirtschaftsjahr 1986/87 ist weder ein Wirtschaftsplan noch bisher eine Abrechnung beschlossen worden.

Die Vorinstanzen haben den von der Antragstellerin gestellten Hauptantrag, die Antragsgegner zur Zahlung von insgesamt 15.300.04 DM nebst Zinsen zu verpflichten, sowie die letztlich das gleiche Ziel verfolgenden Hilfsanträge zurückgewiesen. Gegen die Erstbeschwerdeentscheidung des Landgerichts vom 22. Mai 1990 richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Antragsbegehren weiter verfolgt.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist im Ergebnis frei von Rechtsfehlern.

Zwar ist es entgegen der von dem Landgericht vertretenen Rechtsansicht hier nicht erforderlich, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft die Antragstellerin ermächtigt, die den Verfahrensgegenstand bildenden Ansprüche geltend zu machen. Denn die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegner keinen Gemeinschaftsanspruch, sondern einen Individualanspruch auf Schadensersatz aus der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung geltend. Die angefochtene Entscheidung beruht jedoch nicht auf dieser fehlerhaften Rechtsansicht des Landgerichts. Denn es hat den Wohnungseigentümerbeschluß vom 28. Februar 1990 als eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage angesehen und deshalb in der Sache selbst entschieden.

Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Landgericht den geltend gemachten Schadensersatzanspruch verneint, weil der Antragstellerin durch die Erfüllung der einstweiligen Anordnung ein Schaden nicht entstanden ist.

1. Auf § 717 Abs. 2 ZPO kann die Antragstellerin, wie das Amtsgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, den Schadensersatzanspruch nicht stützen. Das hat der Senat in seinem Beschluß vom 6. Februar 1989 – 24 W 6754/88 – (MDR 1989, 742 = WuM 1989, 351) ausführlich begründet. Es besteht kein Anlaß, diese Rechtsprechung aufzugeben.

2. Entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Ansicht kann der Schadensersatzanspruch auch nicht auf § 945 ZPO gestützt werden.

Der Senat hegt grundsätzliche Bedenken dagegen, den für das Verfahren des Arrestes und der einstweiligen Verfügung geltenden Tatbestand einer verschuldensunabhängigen Schadensersatzpflicht aus § 945 ZPO ents...

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