Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Keine Erstreckung der Bewilligung bei Vergleich über nicht anhängige Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Sorgerechtsverfahren erstreckt sich nicht auf eine in diesem Verfahren getroffene Umgangsregelung.
Sofern Prozesskostenhilfe "für den Vergleich" bewilligt wird, ist davon die anwaltliche Terminsgebühr nicht umfasst.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Normenkette
ZPO § 114; VV-RVG Nr. 3104; RVG § 48
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 03.02.2009; Aktenzeichen 12 AR 17/09, 27 F 875/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 3.2.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
Der Beschwerdeführerin steht ein Anspruch auf Vergütung einer Terminsgebühr nach dem Wert des Verfahrensgegenstands Umgang nicht zu. Dieser war zunächst nicht Gegenstand des Verfahrens, so dass sich die ursprüngliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht auf diesen Gegenstand beziehen konnte. Die Regelung des Umgangs stellt einen anderen Verfahrensgegenstand als das Sorgerecht dar (vgl. nur v. Eicken in: Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 122 Rz. 40; OLG Düsseldorf, JurBüro 1980, 1543 mit zust. Anm. Mümmler). Der Ergänzungsbeschluss vom 24.7.2008, mit dem Prozesskostenhilfebewilligung und Beiordnung entsprechend dieser Rechtslage ergänzend auf "die getroffene Vereinbarung zum Umgang" erstreckt wurden, rechtfertigt die Erstattung der im Beschwerdeverfahren allein noch streitigen Terminsgebühr nach dem Wert des Gegenstands Umgang nicht. Von einer Prozesskostenhilfebewilligung "für einen Vergleich" oder "für eine Einigung" wird eine Terminsgebühr nicht erfasst (so zutreffend OLG Saarbrücken OLGReport Saarbrücken 2006, 750; OLG Bamberg JurBüro 1990, 203; Gerold/Schmidt-Müller/Rabe, 18. Aufl., § 48 Rz. 120; a.A. OLG Köln FamRZ 2008, 707; OLG Koblenz FamRZ 2006, 1691).
Für den Fall, dass im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren für den Abschluss eines Vergleichs ausnahmsweise Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ist anerkannt, dass Bewilligung und Beiordnung nicht die Terminsgebühr umfassen (BGH NJW 2004, 2595 für Erörterungsgebühr nach § 51 BRAGO; Gerold/Schmidt-Müller/Rabe, 18. Aufl. VV 3335 Rz. 31 f.). Eine unterschiedliche Behandlung einer entsprechenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist nicht gerechtfertigt (so zutreffend Mümmler JurBüro 1990, 203; Gerold/Schmidt-Müller/Rabe, 18. Aufl., § 48 Rz. 120; a.A. OLG Koblenz FamRZ 2006, 1691).
Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass ihr bei Durchführung von zwei Verfahren und gemeinsamer Verhandlung mit Einigung eine Terminsgebühr auch nach dem Wert des Umgangsverfahrens zu gewähren wäre, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Prozesskostenhilfe soll nach ihrem Sinn und Zweck der minderbemittelten Partei ermöglichen, ihr Recht vor Gericht zu verfolgen, sich in einem Rechtsstreit zu verteidigen oder sonst ihre Interessen zu vertreten. Sie dient aber nicht dazu, eine Partei - oder ihren Verfahrensbevollmächtigten - für ihren Verzicht auf ein (weiteres) streitiges Verfahren (mit einem Kostenerstattungsanspruch) zu "belohnen" (BGH NJW 2004, 2595).
Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden, da sie gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG ausgeschlossen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2323626 |
FamRZ 2010, 1586 |
JurBüro 2010, 361 |
AGS 2010, 451 |
BerlAnwBl 2010, 177 |
FamFR 2010, 210 |