Entscheidungsstichwort (Thema)
Elementarschadenversicherung in der Hausrat- und Gebäudeversicherung Überschwemmung Lichtschacht
Leitsatz (amtlich)
1. Ist nach den Bedingungen die Überschwemmung als "eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Grundstück steht (Versicherungsgrundstück), durch a) Ausuferung von oberirdischen Gewässern ..., b) Witterungsniederschläge ..." definiert, ist es erforderlich, dass sich Wasser auf der Geländeoberfläche, also auf dem Grund und Boden außerhalb der Bebauung, sammelt und in ein Gebäude eindringt, weil es auf dem Gelände weder vollständig versickern noch sonst geordnet auf natürlichem Wege abfließen kann (vgl. Senat, Hinweisbeschluss vom 4.08.2015 - 6 U 69/15, juris, und Zurückweisungsbeschluss vom 03.09.2015).
2. Für eine Überschwemmung im Sinne dieser Bedingungen reicht es deshalb nicht aus, dass sich im zeitlichen Zusammenhang mit starken Niederschlägen Regenwasser im Kellerlichtschacht sammelt, von dort - über das Fenster oder die Außenwand - in das Gebäude eindringt und auf dem Boden des Kellergeschosses steht.
3. Der Nachweis, dass es sich bei dem im Keller stehenden Wasser um Niederschlagswasser handelt, reicht nicht aus für den - mittelbaren - Beweis, dass eine Überschwemmung stattgefunden haben muss; denn auch versickerndes Regenwasser kann - je nach baulicher Gestaltung des Gebäudes - einen Weg in den Keller gefunden haben. Erforderlich ist vielmehr der Nachweis einer Kausalitätskette in umgekehrter Richtung:
1) dass es Witterungsniederschläge vor dem Schadenseintritt gegeben hat,
2) dass diese zu einer Überflutung des Grund und Bodens geführt haben,
3) dass diese Überflutung adäquat-kausal war für den Schadenseintritt am Gebäude, wobei - nach den üblichen Bedingungen - Mitursächlichkeit und mittelbare Kausalität ausreichen (vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2005 - IV ZR 252/03. Rn. 20 ff.).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 24.03.2021; Aktenzeichen 4 O 149/20) |
Tenor
Der Senat hat nunmehr über die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 4 des Landgerichts Berlin vom 24. März 2021 beraten und beabsichtigt im Ergebnis, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beide Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor.
Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen den klageweise geltend gemachten Anspruch aus der Gebäudeversicherung verneint.
1) Dem Kläger gelingt der Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls in der Gebäudeversicherung durch die Folgen des Unwetters mit Starkregen in der Zeit vom 29. bis 30. Juni 2017 nicht.
a) Gemäß Teil B § 4 Nr. 1 d) der hier maßgeblichen AVB Wohngebäudeversicherung mit der Glasversicherung vom 1. Dezember 2009 leistet der Versicherer u. a. Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Überschwemmung (des Versicherungsgrundstücks) zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. § 9 der genannten Bedingungen definiert die weiteren Elementargefahren wie folgt:
"1. Überschwemmung ist eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Gebäude steht (Versicherungsgrundstück), durch
a) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern;
b) Witterungsniederschläge ..."
Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der um das Verständnis der Klausel bemüht ist und dabei auch seine eigenen Interessen berücksichtigt, erkennt schon nach dem normalen Sprachgebrauch, dass nicht etwa alle Gebäudeschäden, die durch Witterungsniederschläge verursacht werden, vom Versicherungsschutz umfasst sind. Schutz bietet die Versicherung nur für bestimmte Risiken, die durch starke Niederschläge ausgelöst werden - hier Überschwemmung und Rückstau (vgl. auch KG, Beschl. v. 18. Mai 2018 - 6 U 162/17 - juris, Rn. 21). Starke Niederschläge allein, die einen Gebäudeschaden verursachen, reichen nicht aus, um den Versicherungsfall auszulösen. Das Wasser der Niederschläge muss vielmehr den Grund und Boden, auf dem das versicherte Gebäude besteht, überfluten. Deshalb liegt eine Überschwemmung im Sinne der Klausel nicht allein schon deswegen vor, weil im zeitlichen Zusammenhang mit starken Niederschlägen Wasser in ein Gebäude eingedrungen ist und auf dem Boden des Kellergeschosses steht. Denn die Klausel unterscheidet zwischen dem versicherten Gebäude und dem Grund und Boden, auf dem das Gebäude steht. Der Grund und Boden des Grundstücks muss außerhalb der Bebauung als Folge von Witterungsniederschlägen überflutet sein. Da die Kellerlichtschächte Teil des versicherten Gebäudes sind, reicht es für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht aus, dass sich dort Regenwasser sammelt und von d...