Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gefahrenminderungspflicht des nach links aussteigenden Fahrzeugführers
Normenkette
StVO § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 58 O 298/07) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht des Norbert K. auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 28.5.2007 14059 Berlin, Kaiserdamm; die Kollision zwischen dem im Eigentum des Norbert K. stehenden, von ihm gehaltenen geführten sowie am rechten Straßenrand abgestellten Pkw Mercedes Roadster SL 350 und dem vom Erstbeklagten gehaltenen und geführten sowie bei der Zweitbeklagten gegen Haftpflicht versicherten Pkw Mercedes ereignete sich beim Vorbeifahren des Beklagtenfahrzeugs an dem mit geöffneter Fahrertür rechts stehenden Klägerfahrzeug; dessen Fahrertür wurde nach außen verbogen, deformiert und musste mit den beschädigten Anbauteilen erneuert werden. Den Schaden am Pkw des Erstbeklagten (u.a. rechter Außenspiegel sowie Schäden an der Beifahrertür und rechten Seitenwand) ist von dem Haftpflichtversicherer des Norbert K zu 100 % reguliert worden.
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme (Zeugnis K. sowie persönliche Anhörung des Erstbeklagten) abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, vor dem Hintergrund der Sorgfaltspflichten aus § 14 StVO spräche gegen den Zeugen K. der Beweis des ersten Anscheins, den der Kläger nicht erschüttert oder gar widerlegt habe; denn die Unfalldarstellung des Zeugen sei nicht überzeugend und auch wegen des erheblichen Eigeninteresses des Zeugen zweifelhaft; auch eine Mithaftung der Beklagten wegen zu geringen Seitenabstands sei nicht festzustellen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er dieselbe Verurteilung der Beklagten wie in erster Instanz nach einer Haftungsquote von 100 % erstrebt.
Er macht geltend: Der Erstbeklagte habe den Unfall ganz überwiegend verursacht und verschuldet. Das LG habe bei seiner Entscheidung die Rechtsnormen falsch angewandt; mangels eines unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Aussteigen des Zeugen, welches zum Unfallzeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, gäbe es keinen Anscheinsbeweis gegen den Zeugen; die Überlegungen des Gerichts zur Glaubwürdigkeit des Zeugen seien nicht überzeugend; auch habe das LG die Angaben des Erstbeklagten nicht hinreichend ausgewertet, nach denen sich der Zeuge bereits vor der Kollision neben seinem Fahrzeug befunden haben müsse; schließlich habe der Erstbeklagte auch einen zu geringen Seitenabstand eingehalten.
II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Anscheinsbeweis
Der Kläger meint, mangels eines unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Aussteigen des Zeugen, welches zum Unfallzeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, gäbe es keinen Anscheinsbeweis gegen den Zeugen.
Der Senat vermag diese Auffassung nicht zu teilen; vielmehr treffen die Ausführungen auf S. 5 des angefochtenen Urteils zu, dass auch nach der klägerischen Unfallschilderung der Vorgang des Aussteigens im Kollisionszeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen sei, weil die Fahrertür noch nicht wieder geschlossen war.
Dies entspricht nämlich der einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. KG, Beschl. v. 22.11.2007 - 12 U 199/06, KGReport Berlin 2008, 375 = NZV 2008, 245 = VRS 114, 14 = MDR 2008, 261 L; OLG Hamburg, Urt. v. 30.1.2002 - 14 U 85/01, OLGReport Hamburg 2002, 472; auch KG, Urt. v. 26.9.1985 - 22 U 3234/84 - VM 1986, 20 Nr. 24, wo der Zusammenhang mit dem Aussteigen sogar noch nach Schließen der Tür bejaht wurde.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellung des Sachverhalts durch das LG ist nicht zu beanstanden.
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.
Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02; vgl. auch KG [22. ZS], KGReport Berlin 2004, 38 = MDR 2004, 533; KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Be...