Entscheidungsstichwort (Thema)
Vortrag einer anwaltlich nicht vertretenen Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Anforderungen an den Vortrag einer anwaltlich nicht vertretenen Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 1, § 118 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 24.09.2008; Aktenzeichen 13 O 366/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Berlin vom 24.9.2008 - 13 O 366/08 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag an das LG zurückverwiesen.
Gründe
Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache vorläufigen Erfolg.
Der Antragsteller verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt T. Er begehrt Prozesskostenhilfe für eine auf die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz gerichtete Amtshaftungsklage gegen das L.B. Das LG hat den Antrag, ohne sich inhaltlich näher mit dem geltend gemachten Begehren auseinanderzusetzen und den Antragsgegner hierzu gem. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO anzuhören, zurückgewiesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung "nicht die geringste Aussicht auf Erfolg habe" und darüber hinaus auch "grob mutwillig sei". Schon die Voraussetzungen einer Amtspflichtverletzung habe der Antragsteller nicht einmal ansatzweise dargelegt. Seinen bloßen Andeutungen sei konkret nichts zu entnehmen. Es sei aber im Zivilprozess nicht die Aufgabe des Gerichts, sich aus irgendwelchen eingereichten Unterlagen den für den Antragsteller günstigen Tatsachenvortrag selbst zusammenzusuchen. Erst Recht habe der Antragsteller aber nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass ihm aufgrund der angeblichen Amtspflichtverletzung auch nur der geringste Schaden welcher Art auch immer entstanden sei.
Mit dieser Begründung ist die Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags des Antragstellers entgegen der Auffassung des LG nicht zu rechtfertigen. Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen an die Antragstellung einer unbemittelten Partei im Prozesskostenhilfeverfahren keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, damit nicht schon aus formalen Gründen der Weg zu Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgeschnitten wird. Die Benachteiligung der unbemittelten Partei, der nach der Rechtsprechung des BVerfG im Hinblick auf Art. 3 GG i. v. m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) durch die Bereitstellung von Prozesskostenhilfe abzuhelfen ist (BVerfGE 81, 347 [356] = NJW 1991, 413), besteht gerade darin, dass diese Partei ohne rechtskundigen Rat auskommen muss, den sich eine bemittelte Partei von Anfang an verschaffen kann. Das erkennende Gericht hat einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe deshalb nach Möglichkeit so auszulegen, dass er sachlich Erfolg haben kann, zumindest jedoch nicht aus formalen Erwägungen abgelehnt wird (BVerfG, StV 1996, 445 f.; MünchKomm/ZPO/Motzer, 3. Aufl., § 117 Rz. 14).
Diese verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das LG in seiner angegriffenen Entscheidung nicht hinreichend beachtet. Entgegen seiner Auffassung ist der Vortrag des Antragstellers nicht von vornherein ungeeignet, um die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs und damit gem. § 114 ZPO die Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Antragsgegner darzulegen. Zur Begründung seiner beabsichtigten Klage nimmt der Antragsteller ausdrücklich auf die seinem Antrag beigefügten strafvollstreckungsrechtlichen Entscheidungen des LG Berlin und des KG Bezug. Entgegen der Auffassung des LG handelt es sich bei diesen Beschlüssen nicht um "irgendwelche Unterlagen", aus denen für den Antragsteller günstige Tatsachen herausgesucht werden müssten, vielmehr wird dort - mit Bindungswirkung für einen nachfolgenden Amtshaftungsprozess (vgl. BGH NJW 2006, 3572; BGHZ 161, 33 [34] = NJW 2005, 58) - ausdrücklich festgestellt, dass die Offenlegung eines vertraulichen Schreibens des Antragstellers sowie seine abgesonderte Unterbringung durch den Antragsgegner über einen Zeitraum von mehreren Tagen rechtswidrig waren.
Unter diesen Voraussetzungen hätte das LG den Prozesskostenhilfeantrag nicht ohne weitere Bearbeitung und Prüfung ablehnen dürfen, auch wenn der Vortrag des Antragstellers derzeit wohl tatsächlich nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 117 Abs. 1 S. 2 ZPO entspricht. Vielmehr wäre der Antragsteller gem. § 139 ZPO auf die betreffenden Mängel hinzuweisen gewesen, um ihm eine Abhilfe zu ermöglichen. Gegenfalls hätte der Antragsteller auch darüber belehrt werden können, dass entsprechende Erklärungen gem. §§ 117 Abs. 1, 129a ZPO auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des AG abgegeben werden können (so ausdrücklich OLG Bamberg OLGReport Bamberg 2001, 273). Schließlich hätte das LG vor einer Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag eine Anhörung des Antragsgegners zu veranlassen gehabt. Auf die gem. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgeschriebene Beteiligung des Gegners kann, wenn überhaupt, nur dann...