Leitsatz (amtlich)
Eine Untätigkeitsbeschwerde ist jedenfalls seit dem 3. Dezember 2011 grundsätzlich nicht mehr statthaft.
Bei einem Zeitablauf von über fünf Jahren nach Ende der Bewährungszeit ist ein Bewährungswiderruf in der Regel unzulässig.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 20.01.2009; Aktenzeichen (510) 67 Js 744/06 (29207) V KLs (29/08)) |
Tenor
Die Untätigkeitsbeschwerde des Verurteilten wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. Januar 2009, rechtskräftig seit demselben Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen siebenfacher Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Nach Ablauf der Bewährungszeit erließ das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 16. Februar 2011 die Strafe, obwohl der zuständigen Kammer die Existenz eines noch laufender Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer bekannt war, dessen Tatvorwurf in die Bewährungszeit fiel. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin hob der Senat deshalb den Straferlass des Landgerichts mit Beschluss vom 25. Mai 2011 auf.
Mit Schreiben vom 9. Juni 2011 wurde der Beschwerdeführer durch das Landgericht darauf hingewiesen, dass ein Straferlass derzeit nicht in Betracht komme und vor einer Entscheidung über Straferlass oder Widerruf der Abschluss des bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig zum Aktenzeichen 103 Js 56021/09 geführten Ermittlungsverfahrens abgewartet werden solle.
Am 26. August 2011 gelangte der in einem weiteren Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder - 222 Js 5731/11 - erlassene Haftbefehl vom 14. Juli 2011 zum Bewährungsheft, dessen Gegenstand mehrere in die Bewährungszeit fallende Straftaten waren. Für dieses Verfahren befand sich der Beschwerdeführer vom 17. August 2011 bis zum 11. Mai 2012 in Untersuchungshaft, Anklage wurde zum Landgericht Frankfurt/Oder am 22. März 2012 erhoben. Die dortigen Akten wurden in der Folge aus dem vorliegenden Bewährungsheft nicht ersichtlichen Gründen am 18. Juni 2012 an die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder zurückgegeben und verblieben dort, bis die Staatsanwaltschaft unter dem 14. Juni 2013 eine neue Anklage gegen den Beschwerdeführer erhob.
Das ursprünglich von der Staatsanwaltschaft Braunschweig geführte Ermittlungsverfahren wurde an die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder abgegeben (dortiges Az.: 270 Js 34356/11) und soll nach dem Vortrag des Verteidigers des Beschwerdeführers eingestellt worden sein. Sachstandsanfragen der die Bewährungsaufsicht führenden Kammer wurden ab Oktober 2012 ausschließlich an das Landgericht Franfurt/Oder - 23 KLs 10/12 - gerichtet, bei dem mit Anklageerhebung das den Haftbefehl enthaltende Verfahren - 222 Js 5731/11 - anhängig geworden war. Sie blieben jedoch aufgrund der dortigen Aktenrückgabe an die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder, die erst nach dem Ablauf nahezu eines Jahres eine neue Anklage erhob, ohne Erfolg. Auch das hiesige Bewährungsheft war von April 2012 bis März 2013 zum dortigen Verfahren übersandt. Ein von dem Verurteilten am 27. September 2012 erneut gestellter Antrag auf Straferlass wurde nicht beschieden. Halbjährlich gestellte Sachstandsanfragen bei dem Landgericht Frankfurt/Oder führten weiterhin nicht zu neuen Erkenntnissen. Eine telefonische Anfrage des Senats bei dem Landgericht Frankfurt/Oder ergab, dass bisher noch nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden ist.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 wurde der Beschwerdeführer erstmals darauf hingewiesen, dass auch der Abschluss des bei dem Landgericht Frankfurt/Oder anhängigen Verfahrens vor einer Entscheidung über einen Straferlass abgewartet werden soll. Ein gleichlautendes Schreiben wurde dem Verurteilten unter dem 14. September 2015 übersandt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30. Dezember 2015 beantragte der Beschwerdeführer erneut, den Straferlass nunmehr zu beschließen. Für den Fall des Festhaltens an der Zurückstellung dieser Entscheidung bat er, seine Eingabe als Beschwerde zu werten und dem Obergericht zur Entscheidung vorzulegen.
Mit Vermerk vom 7. Januar 2016 half die Strafkammer der Beschwerde nicht ab, vertrat weiter die Auffassung, dass über den Straferlass erst nach Abschluss des bei dem Landgericht Frankfurt/Oder (nunmehr unter dem Aktenzeichen 23 KLs 24/13) anhängigen Verfahrens zu entscheiden sei und legte die Akten dem Senat zur Entscheidung vor.
II.
1. Das im Schreiben des Verteidigers des Verurteilten vom 30. Dezember 2015 enthaltene Begehren, seine Eingabe im Fall des Festhaltens der Strafkammer an der Zurückstellung der Entscheidung über den Straferlass als Beschwerde zu werten, stellt eine Untätigkeitsbeschwerde dar. Denn die darin formulierte Bitte, die Sache dem Obergericht zur Entscheidung vorzulegen, zeigt, dass er eine Entscheidung des Beschwerdegerichts begehrt.
2. Diese Untätigkeits...