Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich ein im gesetzlichen Güterstand lebender Ehegatte im Rahmen der Veräußerung eines sein wesentliches Vermögen bildendes Wohnungserbbaurechts bei der Finanzierung des Kaufpreises durch den Käufer zu Lasten des Kaufgegenstandes mitzuwirken, kann die Zustimmung des anderen Ehegatten zu dem Vertrag auch die von dem Erwerber unter Ausnutzung einer Belastungsvollmacht im Namen des Veräußerers erklärte Bewilligung der Eintragung einer Grundschuld erfassen.

Der - aktuelle - Bestand der Ehe muss dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen werden, wenn sich die Eheschließung aus einer dem Grundbuchverfahren genügenden - älteren - Eheurkunde ergibt und nicht ersichtlich ist, dass der veräußernde Ehegatte mit einer anderen als der dort aufgeführten, die Zustimmung erklärenden Person verheiratet sein könnte.

 

Normenkette

BGB §§ 1364-1365, 1821; GBO §§ 13, 19, 29; PStG §§ 54-55

 

Tenor

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

 

Gründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO, und hat auch in der Sache Erfolg. Die von dem Grundbuchamt aufgezeigten Eintragungshindernisse bestehen nicht, so dass die angefochtene Zwischenverfügung nicht veranlasst war, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

2. Die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn sie der Grundstückseigentümer bewilligt, § 19 GBO. Er muss die Bewilligung nicht selbst abgeben, vielmehr kann die Erklärung auch durch einen Vertreter erfolgen. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt auch dessen Vertretungsmacht nachzuweisen. Soweit die Wirksamkeit materiell-rechtlicher Erklärungen eines Vertreters von der Zustimmung eines Dritten abhängt, wird dadurch auch die Vertretungsmacht zur Abgabe der verfahrensrechtlichen Eintragungsbewilligung beschränkt. Dem Grundbuchamt ist dann auch die Zustimmung des Dritten nachzuweisen (Demharter, GBO, 32. Aufl., §§ 19, Rdn. 63).

a) Ein im gesetzlichen Güterstand lebender Ehegatte ist grundsätzlich befugt, über seinem Vermögen zugehörige Gegenstände frei zu verfügen, § 1364 BGB (Grüneberg/Siede, BGB, 81. Aufl., § 1364, Rdn. 2). Nur bei Verfügungen über sein Vermögen im Ganzen bedarf er der Einwilligung des anderen Ehegatten, § 1365 Abs. 1 BGB. Eine solche Verfügung kann auch bei einer Verfügung über ein einzelnes Grundstück - oder wie hier Wohnungseigentumsrecht - vorliegen, wenn dieses tatsächlich das ganze oder nahezu das ganze Vermögen des Ehegatten bildet (BGH, MDR 2013, 701). Wird mit der Belastung durch ein Grundpfandrecht der Wert des Grundstücks ausgeschöpft, kann diese Verfügung dem Zustimmungserfordernis unterfallen (BGH, FamRZ 2012, 116, 117).

Da das Zustimmungserfordernis eine Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten, § 1364 BGB, darstellt, kann das Grundbuchamt grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsgeschäft über ein Grundstück auch bei im gesetzlichen Güterstand lebenden Eheleuten keine Verfügung über das Vermögen im Ganzen darstellt. Das Grundbuchamt ist nur dann zu einer Beanstandung berechtigt und verpflichtet, wenn es von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB Kenntnis hat oder wenn aus den Eintragungsunterlagen oder aufgrund bekannter bzw. nach der Lebenserfahrung naheliegender Umstände begründeter Anlass zu einer solchen Annahme besteht (BGH, MDR 2013, 701). Dem Grundbuchamt ist dann die Einwilligung des Ehegatten und die Ehe zwischen ihm und dem Grundstückseigentümer in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen.

b) Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Zwischenverfügung im Ausgang nicht zu beanstanden. Die Beteiligte zu 1 hat im Rahmen der Beurkundung vom 7. Oktober 2021 - UR-Nr. B 1xx/2xxx des Notars C ... A. B ... in B ... - ausdrücklich erklärt, mit dem Vertrag über ihr ganzes oder überwiegendes Vermögen im Sinne von § 1365 BGB zu verfügen und mit Herrn S ... K ... im gesetzlichen Güterstand verheiratet zu sein.

Unter Hinzurechnung von 12 v.H. jährlicher Zinsen für nur zwei Jahre (= 2 × 49.800,00 EUR) zu dem Nominalbetrag der zur Eintragung beantragten Grundschuld (415.000,00 EUR) wird der mit dem Kaufpreis für das Wohnungseigentum (499.000,00 EUR) zu veranschlagende Verkehrswert, § 46 Abs. 1 GNotKG, überschritten.

aa) Die danach zur Veräußerung des Wohnungseigentums erforderliche Zustimmung hat der Ehemann der Beteiligten zu 1 hingegen am 7. Oktober 2021 - UR-Nr. B 1xx/2xxx des Notars C ... B. B ... in B ... - erklärt. Diese Erklärung umfasste auch die in Punkt 13.1 von der Beteiligten zu 1 übernommene Verpflichtung, "an der Finanzierung des Kaufpreises durch den Käufer zu Lasten des Kaufgegenstandes mitzuwirken". Entgegen dem Grundbuchamt bedurfte es danach bei der Bestellung der Finanzierungsgrundschuld unter Ausnutzung der erteilten Vollmacht durch die Beteiligte zu 2 nicht der erneuten Zustimmung des Ehemanns der Beteiligten zu 1.

Dabei ist dem Grundbuchamt zuzugeben, dass dies anders wäre, wenn nicht die Zustimmung des Ehegatten, sondern die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts gemäß §§ 1821 Abs. 1 Nr...

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