Leitsatz (amtlich)

1. An die Bestimmtheit einer Bewährungsauflage nach § 56b Abs. 1 Nr. 3 StGB sind zwar keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Art. 2 Abs. 2 GG erfordert aber, dass Hilfestellungen des Gerichts umso umfassender sein müssen und umso bedachter auf Verstöße mit der ultima ratio des Widerrufs der Strafaussetzung reagiert werden muss, je unbestimmter die Bewährungsauflage ist.

2. Eine im Rahmen gescheiterter Bemühungen um eine Verständigung (§ 257c StPO) abgegebene Erklärung bindet das Gericht auch dann nicht, wenn der Angeklagte sich in der Folge geständig gezeigt oder das Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 12.02.2014; Aktenzeichen (561) 271 AR 306/13 Ns (139/13))

 

Tenor

Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 12. Februar 2014 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Beschwerdeführer wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Auf die durch ihn eingelegte Berufung hat das Landgericht das Urteil dahin abgeändert, dass er zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. In einem gesonderten Beschluss hat es die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt und dem Beschwerdeführer als Bewährungsauflage aufgegeben, binnen acht Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils 90 Stunden gemeinnützige Arbeit zu erbringen und dies nach Fristablauf dem Gericht nachzuweisen. Gegen den Bewährungsbeschluss wendet sich der Verurteilte mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, er sei durch die Bewährungsauflage überrascht worden. Nachdem in der Hauptverhandlung zunächst über die Rechtsfolgen gesprochen worden sei, habe er hiernach im Vertrauen auf die Erörterung die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Er ist der Auffassung, er hätte durch das Landgericht darauf hingewiesen werden müssen, wenn es einen solchen Beschluss erlassen wollte.

Das Hauptverhandlungsprotokoll gibt zu den Erörterungen Folgendes wieder:

"Die Vorsitzende erklärte, dass vor Aufruf der Sache erfolglose Gespräche zwischen dem Vertreter der Staatsanwaltschaft, dem Verteidiger und der Vorsitzenden im Hinblick auf eine eventuelle Verständigung gemäß § 257c StPO stattgefunden haben. Der Verteidiger habe erklärt, er könne sich eine Beschränkung der Berufung bei Strafaussetzung zur Bewährung und einer Freiheitsstrafe von nicht über sechs Monaten vorstellen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft habe erklärt, er halte an der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe fest, stehe aber einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht ablehnend gegenüber. Die Vorsitzende habe erklärt, die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Strafe zwischen sechs und acht Monaten sei vorstellbar. Nach Aufruf der Sache habe eine Vorberatung mit den Schöffen stattgefunden. Die Vorsitzende erklärte, dass danach an der von ihr geäußerten Rechtsauffassung festgehalten werden könne."

Die nach § 305a Abs. 1 Satz 1 StPO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 305a Abs. 1 Satz 2 StPO kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. Gesetzwidrig ist eine Anordnung, wenn sie dem einschlägigen materiellen Recht (§§ 56a bis 56d StGB, § 59a StGB, §§ 68b, 68c StGB) widerspricht, etwa weil sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder wenn sie sonst die Grenzen des dem Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (Meyer-Goßner, StPO 56. Aufl., § 305a Rn. 1; SK-StPO/Frisch, 4. Aufl., § 305a Rn. 13; Löwe-Rosenberg/Matt, StPO 25. Aufl., § 305a Rn. 5). Darüber hinaus kann auch die Art und Weise des Zustandekommens des Bewährungsbeschlusses dessen Gesetzwidrigkeit begründen (vgl. SK-StPO/Frisch, aaO.).

a) Die angefochtene Bewährungsauflage entspricht dem sachlichen Recht des § 56b StGB, denn der Beschwerdeführer ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Dass ihm die Erfüllung der Auflage nicht zugemutet werden könnte, trägt er selbst nicht vor; es ist auch nicht anderweitig ersichtlich. Die Auflage verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Auflagen müssen so bestimmt formuliert sein, dass Verstöße (§ 56f Abs. 1 Nr. 3 StGB) einwandfrei festgestellt werden können (vgl. OLG Bremen StV 1986, 253; Meyer-Goßner, aaO., § 56b Rn 10). Das Gericht muss die inhaltliche Ausgestaltung in Bezug auf den Leistungsumfang und die Erfüllungszeit festlegen (vgl. Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl., § 56b Rn 14). Das ist hier geschehen. Das Landgericht hat die Zahl der gemeinnützig zu erbringenden Arbeitsstunden bestimmt und auch die Zeit festgelegt, in welcher die Auflage erfüllt werden muss. Schließlich hat es die Nachweispflicht dem Angeklagten auferlegt. Die vereinzelt vertretene Auffassung, das Gericht müsse bestimmen, welcher Art die Arbeitsleistungen zu sein haben und bei we...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?