Leitsatz (amtlich)

1. Für die Aussetzung von Fahndungsmaßnahmen im Sinne des § 456a Abs. 2 Satz 3 StPO ist der Rechtsweg gemäß den §§ 23 ff EGGVG eröffnet.

2. Zum Feststellungsinteresse gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG bei beabsichtigter Amtshaftungsklage.

 

Normenkette

StPO § 456a Abs. 2 S. 3; GVGEG §§ 23, 28 Abs. 1 S. 4

 

Tenor

Der Antrag des Verurteilten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts S. zur Anbringung eines Antrages auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ablehnung der Aussetzung der Fahndung wird verworfen.

 

Gründe

Der Betroffene begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts S. für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, durch den - nach Umstellung seines ursprünglichen, infolge Zeitablaufs erledigten Verpflichtungsantrages gemäß § 23 Abs. 2 EGGVG - festgestellt werden soll (§ 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG analog), die Staatsanwaltschaft Berlin habe es rechtswidrig abgelehnt, die gegen ihn nach § 456 a Abs. 2 Satz 3 StPO angeordneten Fahndungsmaßnahmen in der Zeit vom 30. März bis 1. April 2009 auszusetzen. Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Antrag zulässig ist.

Der Antragsteller hat zwar die nach § 29 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 ZPO erforderliche formularmäßige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Ungeachtet des Umstandes, dass seine Angaben über andere Einnahmen ("Gelegentliche Arbeiten, die in Naturalien z.B. Wohnen und Essen vergütet werden") - auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 18. April 2009 - vage und nicht belegt sind, ist die Erklärung schon deshalb unvollständig/widersprüchlich, weil der Antragsteller einerseits angegeben hat, über kein Vermögen zu verfügen - auch nicht über Forderungen -, sich andererseits aber aus dem von ihm übersandten rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. April 2008 ergibt, dass er für den Vollzug der Untersuchungshaft vom 7. Dezember 2006 bis zum 10. Dezember 2007 zu entschädigen ist und ihm daher zumindest wegen des immateriellen Schadens (§ 7 Abs. 2 StrEG) ein nicht unerheblicher Vermögenswert zusteht. Hierzu verhält der Antragsteller sich nicht, insbesondere nicht, ob und in welcher Höhe er den Entschädigungsanspruch geltend gemacht hat und ob und in welcher Höhe bereits Entschädigung geleistet worden ist.

2. Der Senat hat davon abgesehen, dem Antragsteller unter Fristsetzung Gelegenheit zu geben, die Mängel seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu beheben (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 67. Aufl., § 117 Rdn. 35). Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet entgegen § 29 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wäre unzulässig.

a) Zwar ist der Rechtsweg gemäß den §§ 23 ff EGGVG eröffnet. Bei der von dem Antragsteller ursprünglich beantragten befristeten Aussetzung der Fahndungsmaßnahmen handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt im Sinne des § 23 EGGVG. Ein anderes Gericht als das Oberlandesgericht, hier das Kammergericht, kann nicht angerufen werden (§ 23 Abs. 3 EGGVG). Denn der Gesetzgeber hat in § 458 Abs. 2 StPO nicht angeordnet, obwohl sich dies wegen der Sachnähe zu den dort geregelten Fällen angeboten hätte, dass auch eine Aussetzung von Fahndungsmaßnahmen im Sinne des § 456 a Abs. 2 Satz 3 StPO dem Rechtsweg gemäß § 462 a Abs. 1 bzw. Abs. 2 i.V.m. § 461 StPO unterfällt.

b) Der Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller gegen die Ablehnung seines Antrags auf Aussetzung der Fahndungsmaßnahmen nicht von der Beschwerdemöglichkeit nach § 21 StVollstrO Gebrauch gemacht hat. Denn nach nahezu einhelliger Auffassung (vgl. OLG Stuttgart NStZ 1984, 574; LR-Böttcher, StPO 25. Aufl., § 24 EGGVG Rdn. 16; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., § 28 EGGVG Rdn. 5; jew. m.w.N.) entfällt die durch § 24 Abs. 2 EGGVG vorgeschriebene Einhaltung des Vorschaltverfahrens, wenn sich, wie hier, die verfahrensgegenständliche Maßnahme erledigt hat und eine Feststellung nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG erstrebt wird. Ein Vorschaltverfahren ist dann nicht mehr erforderlich, weil der damit verfolgte Zweck - die mögliche Selbstkorrektur der Behörden und infolgedessen die Entlastung der Oberlandesgerichte - nicht mehr erreicht werden kann (vgl. LR/Böttcher ebenda).

c) Der beabsichtigte Antrag auf gerichtliche Entscheidung wäre jedoch unzulässig, weil nach dem Antragsvorbringen das gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben ist.

aa) Nach dem Vortrag des Betroffenen in seinem Schriftsatz vom 18. April 2009 hat das Amtsgericht Tiergarten gegen ihn am 31. März 2009 ein zivilrechtliches Versäumnisurteil erlassen, weil er infolge der Ablehnung seines Antrags, für drei Tage die Fahndung auszusetzen, nicht habe vor dem Gericht erscheinen können. Er mache "die durch d...

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