Leitsatz (amtlich)
Keine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Nr. 3 ZPO bei vorhandenem gemeinsamen besonderem Gerichtsstand für eine beabsichtigte Drittwiderklage; zum Allgemeinen Gerichtsstand des Insolvenzverwalters nach § 19a ZPO.
Tenor
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens wird auf 55.750 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das KG ist für den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zuständig, da die für eine Zuständigkeitsbestimmung in Betracht kommenden Gerichtsstände in den Bezirken verschiedener OLG liegen und das zum hiesigen Bezirk gehörende LG zuerst mit der Sache befasst war (§ 36 Abs. 2 ZPO).
II. Der Antrag ist unbegründet, weil die sachlichen Voraussetzungen für eine Bestimmung des Gerichtstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorliegen. Zwar wären die Beklagten Streitgenossen i.S.d. §§ 59, 60 ZPO, da sie als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden sollen. Der für die beabsichtigte Drittwiderklage beantragten Zuständigkeitsbestimmung stehen indes anderweitige Hindernisse entgegen.
1. Nach dem Wortlaut von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt eine obergerichtliche Zuständigkeitsbestimmung nur dann in Betracht, wenn ein besonderer Gerichtsstand, an dem die zu verklagenden Streitgenossen gemeinschaftlich in Anspruch genommen werden können, nicht zur Verfügung steht. Bereits an dieser Voraussetzung mangelt es im vorliegenden Fall. Für die beabsichtigte Widerklage gegen den Antragsgegner zu 1) ist das LG Berlin gem. §§ 29, 33 ZPO sowie aufgrund einer daneben geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung zuständig. Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch mit der Antragsgegnerin zu 2) gem. § 38 Abs. 1 ZPO Berlin als Gerichtsstand vereinbart, wie sich aus den mit den als Anlage 3 der Antragsschrift eingereichten Bürgschaftsurkunden vom 15.3.2004 ergibt. Damit ist ein besonderer gemeinschaftlicher Gerichtsstand für beide Antragsgegner begründet, der eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich ausschließt.
Ist ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand gegeben, muss ein Zuständigkeitsbestimmungsantrag im Regelfall zurückgewiesen werden. Von diesem Grundsatz sind nach der Rechtsprechung des Senats allerdings in bestimmten Fällen Ausnahmen möglich. Sämtliche Tatbestände des § 36 ZPO dienen dazu, langwierigen Streitigkeiten der Gerichte über die Grenzen ihrer Zuständigkeiten ein schnelles Ende zu setzen und in dieser Frage unverzüglich für Klarheit zu sorgen (BGHZ 17, 168 [170]; BGH NJW 2000, 1425 [1426]). Dieser Normzweck rechtfertigt es, eine Zuständigkeitsbestimmung trotz eines bestehenden gemeinschaftlichen Gerichtsstandes vorzunehmen, wenn das mit der Sache befasste zuständige Gericht bereits Zweifel an seiner Zuständigkeit hat erkennen lassen. Da ein zurückweisender Beschluss anders als eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO keine Bindungswirkung entfaltet, wäre andernfalls zu befürchten, dass das betreffende Gericht weiterhin seine Zuständigkeit leugnete, was den Kläger in eine missliche Situation brächte. In solchen Fällen gebietet es der Grundsatz der Prozessökonomie, in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch eine deklaratorische Zuständigkeitsbestimmung Klarheit zu schaffen, und nicht etwa den Antragsteller darauf zu verweisen, die Rechtsauffassung des Ausgangsgerichts nach Erlass eines klageabweisenden Prozessurteils in einem Berufungsverfahren überprüfen zu lassen (so in st. Rspr. der erkennende Senat; vgl. IPrax 2002, 515; KG v. 7.3.2003 - 28 AR 67/02, KGReport Berlin, 2003, 230 [232]; v. 14.10.2004 - 28 AR 55/04, KGReport Berlin 2005, 723; vgl. jetzt auch BayObLG v. 10.11.2003 - 1Z AR 114/03, BayObLGReport 2004, 85 = NJW-RR 2004, 944; OLG Karlsruhe v. 20.5.2003 - 15 AR 10/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 257). Ferner kann eine Zuständigkeitsbestimmung trotz eines gemeinsamen Gerichtsstands auch dann in Betracht kommen, wenn sich dieser - etwa als gemeinsamer Tatort einer unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) oder Sitz einer BGB-Gesellschaft (§ 22 ZPO) - nicht zuverlässig feststellen lässt (BGH v. 9.10.1986 - I ARZ 487/86, MDR 1987, 209 = NJW 1987, 439 [440]; OLG Celle v. 16.5.2001 - 4 AR 33/01, OLGReport Celle 2001, 198).
Im vorliegenden Fall ist keiner dieser Ausnahmetatbestände erfüllt. Insbesondere hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, dass das LG Berlin seine Zuständigkeit für die beabsichtigte Drittwiderklage bereits in Frage gestellt hätte. Vielmehr ist es so, dass diese nach Lage der Dinge eindeutig und zweifelsfrei auf der Hand liegt. Beide Parteien der Gerichtsstandsvereinbarung gehören dem in § 38 Abs. 1 ZPO erwähnten Personenkreis an. Ob die Vereinbarung ausschließliche Wirkung hat, was ihrem Wortlaut nicht eindeutig zu entnehmen ist, kann in diesen Zusammenhang dahin stehen, da selbst eine nicht ausschließliche Gerichtsvereinbarung einen gemeinschaftlichen Gerichtsstand in Berlin begründen würde.
2. Darüber hinaus steht der beantragten Gerichtsstandsbestimmung...