Leitsatz (amtlich)
Soll eine im Ausland ansässige Versicherungsgesellschaft auf Leistung von Schadensersatz gerichtlich in Anspruch genommen werden, so ist das verfahrenseinleitende Schriftstück dieser zuzustellen und nicht an den gem. Art. 4 der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.5.2000 (Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie) zu benennenden Schadensregulierungsbeauftragten.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 59 O 15/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegendie Anordnung, einen Vorschuss auf die zu erwartenden Kosten für die Übersetzung der Klageschrift zum Zweck der Zustellung im Ausland einzuzahlen, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger beabsichtigt, aus Anlass eines Verkehrsunfalls eine in Polen ansässige Versicherungsgesellschaft im Klagewege auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Mit Verfügung vom 17.9.2007 hat die Vorsitzende der Zivilkammer 59 des LG Berlin dem Kläger aufgegeben, einen Vorschuss auf die voraussichtlich für die Übersetzung der Klage entstehenden Kosten einzuzahlen.
Dagegen richtet sich der Kläger mit der Beschwerde vom 9.11.2007, er wiederholt zugleich seinen Antrag, die Klage "an die Regulierungsbeauftragte der Beklagten gem. der 4. KH-Richtlinie,..., als Zustellungsbeauftragte gem. § 184 ZPO i.V.m. Ziff. 15 der 4. KH-Richtlinie zuzustellen". Zur Begründung weist er u.a. darauf hin, die Zivilkammer 58 des LG Berlin verfahre in dieser Weise.
Das LG Berlin hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfebeschluss vom 29.11.2007) und die Akten dem KG vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Das LG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass auch die Verfügung der Vorsitzenden eine beschwerdefähige Entscheidung sein kann.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das LG hat es mit zutreffender Begründung abgelehnt, die Klage an den gem. Art. 4 der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.5.2000 (Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie) zu benennenden Schadensregulierungsbeauftragten zuzustellen.
Soweit der Kläger sich zur Begründung seiner Auffassung lediglich auf eine der Erwägungen beruft, die Anlass zum Erlass der Richtlinie gegeben haben ("Ziff. 15 der 4. KH-Richtlinie"), ist dies unschädlich, weil die zitierte Erwägung auch Eingang in die Richtlinie selbst gefunden hat (Art. 4 Abs. 5). Danach müssen Schadensregulierungsbeauftragte über ausreichende Befugnisse verfügen, um das Versicherungsunternehmen gegenüber Geschädigten zu vertreten und um deren Schadensersatzansprüche in vollem Umfang zu befriedigen. Das bedeutet hingegen nicht, dass sie auch Zustellungsbevollmächtigte im Falle der gerichtlichen Inanspruchnahme der ausländischen Versicherungsgesellschaft sind. Die Richtlinie betrifft nach Wortlaut und Intention die vorgerichtliche Geltendmachung von Schäden.
Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 trägt der Schadensregulierungsbeauftragte alle für die Regulierung von Ansprüchen, die aus Unfällen i.S.v. Art. 1 herrühren, erforderlichen Informationen zusammen und ergreift die notwendigen Maßnahmen, um eine Schadensregulierung auszuhandeln.
Satz 2 von Art. 4 Abs. 4 sieht in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor, dass der Umstand, dass ein Schadensregulierungsbeauftragter zu benennen ist, das Recht des Geschädigten oder seines Versicherungsunternehmens auf ein gerichtliches Vorgehen unmittelbar gegen den Unfallverursacher bzw. dessen Versicherungsunternehmen nicht ausschließt.
Für den Fall der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gilt der Schadensregulierungsbeauftragte nach Art. 4 Abs. 8 der Richtlinie nicht als Niederlassung i.S.v. Art. 2 Buchstabe c) der Richtlinie 88/357/EWG oder als Niederlassung im Sinne des Brüsseler Übereinkommens vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(12).
Der Senat pflichtet dem LG Berlin deshalb auch in der Einschätzung bei, dass die Richtlinie eine Änderung des nationalen Prozessrechts weder bezweckt noch bewirkt.
Im Geltungsbereich der Zivilprozessordnung aber verbietet es der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs, eine im Ausland ansässige Partei vor ordnungsgemäßer Verfahrenseinleitung zu verpflichten, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen (Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 2007, § 184 Rz. 37 mit zahlreichen Nachweisen). Es besteht einhellig in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit darin, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht nach § 184 ZPO zugestellt werden kann (Rohe, a.a.O.; Häublein in Münchner Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 184 Rz. 1+2; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2005, § 184 Rz. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 183 Rz. 81+82; jeweils mit Nachweisen).
Das LG weist schließlich auch zu Recht darauf hin, dass der Kläger selbst nicht behauptet hat, die zu verklagende Versicherungsgesellschaft habe den Schadensregulierungsbeauftragten rechtsgeschäftlich mit entsprechenden Vollmachten a...