Leitsatz (amtlich)

Hat sich der Veräußerer bei der Übertragung eines Wohnungseigentums auf einen Minderjährigen die Einräumung eines Nießbrauchs vorbehalten, ist zu dessen Eintragung die familiengerichtliche Genehmigung der Bewilligung erforderlich, wenn die Eintragung des Nießbrauchs (versehentlich) nicht zugleich mit der Eigentumsumschreibung auf den Minderjährigen beantragt und letztere bereits im Grundbuch vollzogen worden ist (entgegen OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 9. September 1980 - 20 W 168/80 - OLGZ 1981, 32).

 

Normenkette

BGB § 1629 Abs. 1 S. 1, § 1643 Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1; GBO § 19

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.03.2021; Aktenzeichen V ZB 127/19)

 

Tenor

Die Beschwerde wird bei einem Wert von 5.000,00 EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 war als Eigentümerin in Abt. I des im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungsgrundbuchs eingetragenen. Mit "Übertragungsvertrag" vom 6. Juli 2018 - UR-Nr. 8 ... /2 ... des Notars A ... S ... in B ... - ließ sie das Wohnungseigentum an den damals fünfjährigen Beteiligten zu 1 auf und behielt sich ein Nießbrauchsrecht sowie das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen die Rückübertragung verlangen zu können, vor. Sie bewilligte für sich und als vollmachtlose Vertreterin des Beteiligten zu 1 die Eintragung eines Nießbrauchs und eine Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch. Die Beteiligten beauftragten den Urkundsnotar mit dem grundbuchlichen Vollzug der Urkunde, wobei er berechtigt wurde, Eintragungsanträge auch getrennt zu stellen. Die Eltern des Beteiligten zu 1 genehmigten die in seinem und ihrem von der Beteiligten zu 2 abgegebenen Erklärungen am 26. Juli 2018 - UR-Nr. 1 ... /2 ... des Notars Dr. A ... K ... in M ....

Mit Schriftsatz vom 11. September 2018 beantragte Notar S ... unter Vorlage seiner UR-Nr. 8 ... /2 ... "die Eintragung des Eigentumswechsels gem. § 6 des vorgenannten Vertrages." Dem entsprach das Grundbuchamt mit Verfügung vom 11. Dezember 2018.

Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2019 hat Notar S ... "die Eintragung des Nießbrauchsrechts zugunsten [der Beteiligten zu 2] gem. § 4 der UR-Nr. 8 ... /2 ..." beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 29. Mai 2019 unter Fristsetzung die Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung aufgegeben und auf den Hinweis des Notars, es sei lediglich versehentlich bei der Eigentumsumschreibung die Eintragung des vorbehaltenen Nießbrauchs nicht beantragt worden, an der Zwischenverfügung festgehalten. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 5. August 2019 mit der der Notar zugleich auch die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 2 beantragt hat. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 12. August 2019 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. 1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist lediglich das in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgeführte Eintragungshindernis, nicht hingegen der Eintragungsantrag als solcher (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 77, Rdn. 12 und 15). Allerdings bezieht sich die angefochtene Zwischenverfügung auch nur auf die mit Schriftsatz vom 24. Mai 2019 beantragte Eintragung eines Nießbrauchs zu Gunsten der Beteiligten zu 2., was die Nachprüfung durch den Senat hierauf begrenzt. Die mit der Beschwerde erstmals beantragte Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung ist deshalb nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (Demharter, a.a.O., § 74, Rdn. 6).

2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht, so dass Anlass für den Erlass der angefochtenen Zwischenverfügung bestand, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

Die Eintragung eines Nießbrauchs erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn sie derjenige, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird, in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO bewilligt, § 19 GBO. Die Bewilligung kann auch durch einen Vertreter erfolgen. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt auch dessen Vertretungsmacht nachzuweisen. Soweit die Wirksamkeit materiell-rechtlicher Erklärungen eines Vertreters von der Zustimmung eines Dritten abhängt, wird dadurch auch die Vertretungsmacht zur Abgabe der verfahrensrechtlichen Eintragungsbewilligung beschränkt. Dem Grundbuchamt ist dann auch die Zustimmung des Dritten nachzuweisen (Demharter, a.a.O., §§ 19, Rdn. 63). Das ist hier der Fall.

Zur Verfügung über ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstück ihres minderjährigen Kindes bedürfen die sorgeberechtigten Eltern der Genehmigung des Familiengerichts, §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1643 Abs. 1, 1629 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Belastung des Grundstücks des Kindes mit einem Nießbrauch ist eine solche Verfügung und danach genehmigungsbedürftig (Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., § 1821, Rdn. 8). Dem Grundstück gleichgestellt ist insoweit das Wohnungseigentum (Fuchs, in: beck-online. Großkommentar, BGB, 2019, § 1821, Rdn. 19).

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass sich die Beteiligte zu 2 einen Nießbrauch an dem Wohnungseigen...

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