Leitsatz (amtlich)
Nach § 84 StVollzG Bln sind Vollzugsbehörden berechtigt, von Strafgefangenen die Abgabe von Urinproben zur Feststellung des Konsums von Suchtmitteln zu verlangen; Strafgefangene sind verpflichtet, diesem Verlangen nachzukommen.
Kommt ein Strafgefangener dieser Mitwirkungspflicht schuldhaft nicht nach oder manipuliert er eine Urinprobe, stellt dies eine Verfehlung dar, die disziplinarisch geahndet werden kann.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 15.05.2017; Aktenzeichen 598 StVK 61/17 Vollz) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 15. Mai 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
A.
Zurzeit verbüßt der Beschwerdeführer in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Plötzensee eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen ... aus einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. September 2013. Nach den Urteilsfeststellungen hatte sich der Beschwerdeführer ... unter anderem Sozialleistungen im Wert von über 250.000 Euro unberechtigt erschlichen. ... Als Entlassungszeitpunkt ist der 5. Januar 2019 vermerkt.
B.
Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer wurde der Beschwerdeführer am 1. Februar 2017 im Rahmen einer Abstinenzkontrolle aufgefordert eine Urinprobe abzugeben. Dieser Aufforderung kam er (scheinbar) nach; tatsächlich gab er jedoch eine wasserähnlich helle Flüssigkeit ab, die keine urinübliche Temperatur aufwies und bei der es sich nach einem Laborbefund vom 2. Februar 2017 im Hinblick auf einen festgestellten Kreatinin-Wert unterhalb der Nachweisgrenze nicht um Urin handelte. Daraufhin wurde er am 5. Februar 2017 erneut aufgefordert, eine Urinprobe abzugeben, weil eine Manipulation des Urins nicht ausgeschlossen werden konnte. Dieser Aufforderung kam er nicht nach, sondern lehnte die Abgabe einer Probe unter Hinweis auf eine seiner Ansicht nach fehlende richterliche Anordnung ab.
Mit Bescheid vom 20. Februar 2017, dem Beschwerdeführer noch am selben Tage ausgehändigt, ordnete die Vollzugsanstalt gegen ihn wegen beider Vorfälle als Disziplinarmaßnahme für die Dauer von zehn Tagen die Unterbindung des Fernsehempfangs, den Entzug anderer Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik mit Ausnahme eines Hörfunkgerätes sowie den Entzug des Aufenthalts in der Gemeinschaft gemäß §§ 94 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5, 96 Abs. 1 StVollzG Bln an, da ihr eine bloße Ermahnung, ein Verweis oder eine kürzere Maßnahme nicht mehr ausreichend erschien. Die Vollstreckung der Disziplinarmaßnahme wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt, sondern erfolgte unmittelbar ab dem Folgetag, bis sie im Wege einstweiligen Rechtsschutzes ab dem 23. Februar 2017 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig ausgesetzt wurde.
Zur Begründung stützte sich die Vollzugsanstalt auf § 94 Abs. 1 Nr. 9 StVollzG Bln in Verbindung mit den §§ 82 Abs. 2, 84, 96 Abs. 1 StVollzG Bln.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. Mai 2017 hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er die Aufhebung des Disziplinarbescheides begehrte, in der Hauptsache als unbegründet zurückgewiesen, den Streitwert auf 500 Euro festgesetzt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Insbesondere sei die Wertung der Vollzugsbehörde, dass der Gefangene einen Manipulationsversuch unternommen habe, nicht zu beanstanden.
Mit seiner zu Protokoll des Rechtspflegers des Amtsgerichts Charlottenburg erhobenen Rechtsbeschwerde vom 15. Juni 2017 rügt der Beschwerdeführer die Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
C.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und rechtzeitig eingelegt worden, führt aber in der Sache nicht zum Erfolg.
I.
Die Verfahrensrüge ist bereits unzulässig, weil sie entgegen § 118 Abs. 2 StVollzG nicht in der dort vorausgesetzten Art und Weise ausgeführt und damit nicht zulässig erhoben ist.
Nach § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, der § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nachgebildet ist, müssen die den Verfahrensmangel enthaltenen Tatsachen so vollständig angegeben werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht anhand der Rechtsmittelbegründung und ohne Rückgriff auf die Akten oder andere Unterlagen feststellen kann, ob bei Vorliegen der angegebenen Tatsachen die Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren zu bejahen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2011 - 2 Ws 143/11 Vollz -; Arloth/Krä, StVollzG 4. Aufl., § 118 Rdn. 2; jeweils mit weiteren Nachw.).
Zur Verletzung des Verfahrensrechts führt der Beschwerdeführer aus, dass eine (schriftliche) dienstliche Meldung vom 13. März 2017 betreffend den Vorfall vom 1. Februar 2017 vom Gericht nicht für die Beweiswürdigung hätte herangezogen werden dürfen, weil sie erst nach Erlass des Bescheides (der Vollzugsanstalt) vom 20. Februar 2017 gefertigt worden sei. Dieser Vortrag genügt den Anforderungen nicht, weil schon nicht mitgeteilt wird, wie die dienstliche Meldung vom 13. März 2017 zum Gegenstand des Verfahrens ...