Entscheidungsstichwort (Thema)
Stimmrechtsausübung durch Mehrheitseigentümer bei Verwalter-Wahl
Leitsatz (amtlich)
Im Falle der Stimmrechtshäufung in der Person eines Wohnungseigentümers kann eine rechtsmißbräuchliche Stimmrechtsausübung seitens des Mehrheitseigentümers nicht allein daraus hergeleitet werden, daß dieser sein absolutes Stimmübergewicht zur eigenen Verwalterwahl oder zur Wahl eines Verwalters seines Vertrauens einsetzt, mit dem er wirtschaftlich eng verbunden ist oder auf den er durch sein Vertretungsorgan einen beherrschenden Einfluß ausüben kann.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 3-4, §§ 25, 26 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 07.02.1986; Aktenzeichen 191 T 103/85) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 21.07.1985; Aktenzeichen 70 II (WEG) 40/85) |
Tenor
Die Anschlußrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Der angefochtene Beschluß wird zu Nr. 1 des Tenors und im Kostenpunkt aufgehoben.
Auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Antrag der Antragsteller, den Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 23. April 1985 zu TOP 4 (Neuwahl des Verwalters) für ungültig, zu erklären, unter Änderung des Beschlusses des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 21. Juli 1985 – 70 II (WEG) 40/85 – zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen hat die Wohnungseigentümergemeinschaft (Verwaltungsvermögen) zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 10.000,– DM.
Die Geschäftswertbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage, die aus insgesamt 140 Wohneinheiten besteht. Der Beteiligten zu 1) gehörten bis zum 30. April 1985 79 Wohneinheiten.
In der Teilungserklärung vom 8. April 1980 ist unter § 17 Nr. 2 festgelegt, daß in der Wohnungseigentümerversammlung auf jedes Wohnungseigentum eine Stimme entfällt.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 23. April 1985, zu der der frühere Verwalter der Wohnanlage einberufen hatte und in der 107 Wohneinheiten vertreten waren, wurde nach dem protokollierten Vermerk im Versammlungsprotokoll zu TOP 4 auf Vorschlag und mit den 79 Stimmen der Beteiligten zu 1) gegen die 28 Stimmen der übrigen anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer die „Q.”G. m. I. K. (im folgenden: Q. K. für die Dauer von fünf Jahren zur neuen Verwalterin gewählt. Der bisherige Verwalter, dessen Verwaltervertrag am 30. April 1985 endete, hatte sich zuvor erneut zur Wahl gestellt. Seine Wahl scheiterte an den 79 Gegenstimmen der Beteiligten zu 1).
Persönlich haftende Gesellschafterin der Beteiligten zu 1) und der mit den Stimmen dieser Beteiligten gewählten Verwalterin ist die „Q.” G. Alle drei Gesellschaften unterhalten unter derselben Geschäftsanschrift gemeinsame Büroräume.
Auf den am 23. Mai 1985 bei Gericht eingegangenen Antrag der Antragsteller (Beteiligte zu 2) bis 28)) hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg durch Beschluß vom 31. Juli 1985 den Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 23. April 1985 zu TOP 4 (Wahl der Q. I. K. zur Verwalterin) für ungültig erklärt. Die gegen diesen Beschluß rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und die (unselbständige) Anschlußbeschwerde der Beteiligten zu 2) bis 6), mit der diese begehrt haben festzustellen, daß der Steuerberater A. D. in der Eigentümerversammlung mehrheitlich zum Verwalter bestellt worden sei, hat das Landgericht durch Beschluß vom 7. Februar 1986 zurückgewiesen, wobei es den Geschäftswert für die erste Instanz (unter Änderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts) auf 5.000,– DM und für die zweite Instanz auf 10.000,– DM festgesetzt hat.
Gegen diesen ihr am 12. März 1986 zugestellten Beschluß richtet sich die am 24. März 1986 bei Gericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), mit der sie sich gegen die vom Landgericht vertretene Auffassung wendet, eine rechtsmißbräuchliche Stimmrechtsausübung sei bereits darin zu erblicken, daß der Mehrheitseigentümer den übrigen Wohnungseigentümern einen Verwalter seines Vertrauens aufzwingen wolle.
Mit ihrer am 14. April 1986 nach Ablauf der Beschwerdefrist bei Gericht eingegangenen Anschlußrechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2) bis 6) ihren in der zweiten Instanz gestellten Feststellungsantrag weiter.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) bis 6) erstrebt mit seiner am 14. Mai 1986 bei Gericht eingegangenen Beschwerde die Änderung der landgerichtlichen Geschäftswertfestsetzung für die erste Instanz mit der Begründung, daß Gegenstand des Verfahrens die Wirksamkeit der Wahl eines Verwalters für die Dauer von fünf Jahren sei und damit für die Festsetzung des Geschäftswertes die Höhe der Verwaltervergütung für diesen Zeitraum maßgebend sein müsse.
Entscheidungsgründe
II.
A. Das als Rechtsbeschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG i.V. mit § 27 FGG statthafte Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) ist rechtzeitig und formgerecht eingelegt worden (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG). Es h...