Leitsatz (amtlich)
Verfahrensrügen müssen ohne Bezugnahmen und Verweisungen begründet werden. Unbehelflich ist demnach nicht nur die Bezugnahme auf Akten, das Sitzungsprotokoll und andere Schriftstücke, sondern namentlich auch auf Anlagen zur Rechtsbeschwerdeschrift.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 18.09.2018; Aktenzeichen 347 OWi 837/18) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. September 2018 wird als unzulässig verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Gründe
Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 11. April 2018 wegen einer innerorts vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 53 km/h eine Geldbuße von 650 Euro verhängt und ein zweimonatiges Fahrverbot angeordnet. Zu dem auf seinen Einspruch anberaumten Hauptverhandlungstermin ist der Betroffene nicht erschienen. Das Amtsgericht hat daher seinen Einspruch durch nach § 74 Abs. 2 OWiG erlassenes Urteil verworfen. Die gegen das Verwerfungsurteil gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist unzulässig.
1. Unschädlich ist allerdings, dass der Verteidiger das Rechtsmittel als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde bezeichnet und die Rechtsmittelschrift entgegen § 79 Abs. 3 OWiG iVm § 344 Abs. 1 StPO keine bzw. falsche Rechtsbeschwerdeanträge enthält. Dass das Rechtsbeschwerdegericht keinen "neuen Termin zur Hauptverhandlung" anberaumt, versteht sich von selbst. Der Senat wendet den Rechtsgedanken des § 300 StPO - hier: mehrfach - an und geht davon aus, dass der Betroffene das Urteil mit der Rechtsbeschwerde insgesamt beanstandet und neben seiner Aufhebung die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung erstrebt.
2. Unzulässig (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz StPO) ist aber die offenbar beabsichtigte Beanstandung, das Verwerfungsurteil verstoße gegen § 74 Abs. 2 OWiG, weil der Betroffene verhandlungsunfähig erkrankt gewesen sei. Der Rechtsmittelführer hat es bis zum Ablauf der allein maßgeblichen Rechtsbeschwerdebegründungsfrist versäumt, die Art seiner Erkrankung darzulegen; der dortige Hinweis auf "die Anlage" ist unzulässig. Denn es ist anerkannt, dass Verfahrensrügen ohne Bezugnahmen und Verweisungen begründet werden müssen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 344 Rn. 21; 345 Rn. 14). Unbehelflich ist demnach nicht nur die Bezugnahme auf Akten, das Sitzungsprotokoll und andere Schriftstücke, sondern namentlich auch auf Anlagen zur Rechtsbeschwerdeschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO mwN). Auch teilt die Rechtsmittelschrift nicht mit, dass das Amtsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung von dem - zudem erst nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist bezeichneten Entschuldigungsgrund - Kenntnis hatte oder haben musste (vgl. BayObLG NStZ 1996, 182).
3. Eine jedenfalls zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führende allgemeine Sachrüge, mit der hier allerdings nur das Vorliegen von Verfahrenshindernissen oder das Fehlen von Prozessvoraussetzungen geltend gemacht werden könnte, ist innerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nicht erhoben worden.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Fundstellen
Dokument-Index HI12646205 |