Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 18.10.2005; Aktenzeichen 546 StVK 537/05 Vollz) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Gefangenen werden der Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 18. Oktober 2005 und die für den Gefangenen erstellte Vollzugsplanfortschreibung vom 29. Juni 2005 aufgehoben.
Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel wird verpflichtet, unverzüglich - nach Durchführung einer neuerlichen Konferenz gemäß § 159 StVollzG - für den Gefangenen eine neue Fortschreibung des Vollzugsplans zu erstellen.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Gefangenen in beiden Rechtszügen entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse Berlin auferlegt.
Gründe
Der Gefangene verbüßt seit Juli 2003 mehrere Gesamtfreiheitsstrafen in der Justizvollzugsanstalt Tegel, seit dem 26. November 2005 einen Strafrest von 362 Tagen von ursprünglich drei Jahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Als Strafende ist der 22. November 2006 vermerkt.
Mit seinem Antrag vom 13. Juli 2005 wandte er sich gegen die Vollzugsplanfortschreibung vom 29. Juni 2005. Die Strafvollstreckungskammer hat diesen Antrag mit dem angefochtenen Beschluß vom 18. Oktober 2005 zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde erhebt der Gefangene die Sachrüge. Der Senat läßt sie gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.
Im Jahre 2003 befand sich der Gefangene zur Verbüßung einer zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe wegen Förderung der Prostitution bereits im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee. Ihm wurden umfangreiche Lockerungen gewährt. Im Zeitraum von Ende September 2003 bis zum 8. Januar 2004 beging er während solcher Lockerungen zehn Vergehen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (methamphetaminhaltige "Yaba"- Tabletten), jeweils zugleich mit unerlaubtem Erwerb dieser Substanzen. Nach seiner Festnahme am 8. Januar 2004, bei der er solche Betäubungsmittel bei sich führte, wurde er in den geschlossenen Vollzug überwiesen. Wegen dieser Vergehen verurteilte das Amtsgericht Tiergarten in Berlin ihn am 18. April 2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten, die er inzwischen verbüßt hat.
2.
In dem der Vollzugsplanfortschreibung zugrunde liegenden und gleichzeitig als ihre Begründung dienenden zweieinhalb Seiten umfassenden Protokoll vom 29. Juni 2005 über die Vollzugsplankonferenz vom 23. Juni 2005 schilderte die für den Beschwerdeführer zuständige Gruppenleiterin die vollzugliche Situation im wesentlichen dahin, daß der Gefangene in dem zugrundeliegenden Beurteilungszeitraum aktiv an der Erreichung des Vollzugsziels mitgearbeitet habe. Er sei als Zentralreiniger mit guten Leistungen tätig, und sein Vollzugsverhalten sei beanstandungsfrei. Anschließend stellte sie das von der Anstalt als günstig eingeschätzte soziale Umfeld sowie berufliche Perspektiven des Gefangenen nach der Haftentlassung dar und hob hervor, daß sich der Gefangene konstruktiv mit seiner Situation auseinandergesetzt und glaubhaft angegeben habe, weiterhin den Kontakt zur thailändischen Drogenszene in Berlin vermeiden zu wollen. Ein Drogenmißbrauch bestehe nicht mehr, was durch negative Urinkontrollen bestätigt worden sei. Gleichwohl halte er Kontakt zu der Drogenberatung Nord. Der Gefangene habe sich zudem bereit erklärt, gegen einen führenden Vertreter thailändischer Drogenhändler auszusagen. In diesem Zusammenhang nimmt das Protokoll Bezug auf das oben erwähnte Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. April 2005. Dort sei ihm zwar keine - zur Strafaussetzung zur Bewährung ausreichende - günstige Sozialprognose gestellt worden. Das Gericht habe aber hervorgehoben, daß er während jenes Verfahrens kooperativ mit den Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet und in der Hauptverhandlung einen guten Eindruck hinterlassen habe, weshalb aus der Sicht des Tatrichters keine Einwände gegen etwaige Lockerungen bestanden hätten (vgl. zur Berücksichtigung tatrichterlicher Einschätzungen: Senat, Beschluß vom 30. April 2003 - 5 Ws 231/03 Vollz -).
Das Konferenzergebnis wurde sodann wie folgt zusammengefaßt:
"Die Konferenzteilnehmer kamen zu dem Ergebnis, dass der Inhaftierte derzeit noch nicht für Lockerungen des Vollzugs bzw. eine Verlegung in den offenen Vollzug geeignet ist, da er von September 2003 bis Januar 2004 erneut unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln betrieb. Eine Missbrauchsgefahr bei etwaigen Lockerungen ist derzeit noch nicht auszuschließen".
Abschließend heißt es zur weiteren Planung unter anderem:
"1.
Der Inhaftierte verbleibt weiterhin im geschlossenen Vollzug der TA II/Station 8. (...)
3.
Zu gegebener Zeit wird geprüft, ob der Inhaftierte auf die entlassungsvorbereitende Station der TA VI verlegt werden kann. Die zuständige Gruppenleiterin (...) hat telefonisch zugestimmt. (...)
6.
Aufgrund von Missbrauchsbefürchtungen ist der Inhaftierte derzeit noch nicht zu Lockerungen...