Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 16.11.2017; Aktenzeichen (322 OWi) 3031 Js-OWi 2374/17 (252/17)) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. November 2017 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Mit Bußgeldbescheid vom 22. Dezember 2016 hat der Polizeipräsident in Berlin gegen den Betroffenen wegen einer am 7. November 2016 um 20:19 Uhr in 13503 Berlin beim Befahren der Bundesautobahn 111 (Fahrtrichtung Nord zwischen Anschlussstelle S und L) begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von dort 60 km/h um 52 km/h eine Geldbuße von 280,00 Euro sowie ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt. Nachdem der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hatte und diesen in der daraufhin vor dem Amtsgericht Tiergarten anberaumten Hauptverhandlung auf die Rechtsfolge beschränke, hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen aufgrund des im Übrigen rechtskräftigen Bußgeldbescheides eine Geldbuße von 560,00 Euro festgesetzt. Von der Verhängung eines Fahrverbots hat das Amtsgericht abgesehen, weil dessen Verhängung zu einer massiven Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Betroffenen führen würde, weshalb eine "existenzvernichtende" außergewöhnliche Härte vorliege, und zur Begründung insoweit (lediglich) Folgendes ausgeführt:
"Der Betroffene ist als Krankentransportfahrer zwingend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, um seine Tätigkeit ausüben zu können. Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Schreibens des Arbeitgebers des Betroffenen vom 26.1.2017 hat dieser angekündigt, das Arbeitsverhältnis mit dem Betroffenen für den Fall des Führerscheinentzuges zu beenden. Daraus folgt, dass seitens des Arbeitgebers auch keine Bereitschaft besteht, den Betroffenen für die Dauer des Fahrverbotes anderweitig zu beschäftigen. Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Arbeitsvertrages wäre es dem Betroffenen zudem unter Berücksichtigung seines jährlichen Urlaubsanspruches nicht möglich, das Regelfahrverbot von zwei Monaten durch Urlaub zu überbrücken. Darüber hinaus scheiden aufgrund der Art der Tätigkeit des Betroffenen auch grundsätzlich in Betracht zu ziehende Alternativmaßnahmen wie die Beschäftigung eines Fahrers durch, den Betroffenen für die Zeit des Fahrverbotes hier naturgemäß aus. In einer Gesamtwürdigung liegen damit zur Überzeugung des Gerichts besondere Umstände vor die es rechtfertigen hier ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen."
Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, hat (vorläufigen) Erfolg.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:
"Die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft vom 22. Dezember 2017, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, wird vertreten. Denn das angefochtene Urteil kann bereits aufgrund der rechtzeitig mit Einlegung der Rechtsbeschwerde erhobenen allgemeinen Sachrüge sowie aus den zutreffenden rechtlichen Erwägungen der Einzelausführungen zur Sachrüge vom 6. Februar 2018, denen ich beitrete, keinen Bestand haben.
1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG, da im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot verhängt worden war.
2. Zwar hat die Amtsanwaltschaft innerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist, die nach Zustellung des offenbar mit Gründen versehenen Urteils am 21. Dezember 2017 (Bl. 56 d.A.) am 29. Dezember 2017 begann und mit Ablauf des 29. Januar 2018 endete, einen Rechtsbeschwerdeantrag nicht ausdrücklich gestellt. Die Erklärung, inwieweit die Amtsanwaltschaft das Urteil anficht und dessen Aufhebung beantragt, kann jedoch auch bereits in der Einlegungsschrift (§ 341 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs.3 S.1 OWiG) mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge geschehen. Das setzt voraus, dass die Rüge der Verletzung materiellen Rechts angesichts der Umstände des Einzelfalles geeignet ist, den Umfang der Anfechtung zweifelsfrei festzulegen. Auch bei der Revision der Staatsanwaltschaft bedarf es in der Regel dann keines förmlichen Antrages, wenn das Ziel der Revision bereits aus dem Inhalt der Revisionsschrift oder dem Gang des bisherigen Verfahrens eindeutig hervorgeht. So ist nach der Rechtsprechung bei Revisionen des Angeklagten in der Erhebung der uneingeschränkten allgemeinen Sachrüge regelmäßig die Erklärung zu sehen, dass das Urteil insgesamt angefochten werde (BGH NJW 2003, 839). Zwar kann eine Revision der Staatsanwaltschaft sowohl zugunsten als auch zu Lasten des Angeklagten eingelegt sein (BGH, Beschluss vom 05. November 2009 - 2 StR 324/09 -, juris). Da der Betroffene verurteilt wurde, steht diese Auslegung dem jedoch nicht entgegen. Die zugleich mit der Erhebu...