Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständige; Verjährung
Leitsatz (amtlich)
1. Seit Einführung der kurzen Verjährung in § 15 Abs. 5 (a.F.) bzw. Abs. 6 (n.F.) ZSEG kann aus dem bloßen Zeitablauf ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine Verwirkung des Antragsrechts gem. § 16 Abs. 1 ZSEG bzw. des Anspruchs auf Erstattung zuviel gezahlter Sachverständigenentschädigung hergeleitet werden. Eine entspr. Anwendung der §§ 7 GKG, 15 KostO scheidet aus.
2. Dem Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung gem. § 16 Abs. 1 ZSEG fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, wenn die vom Kostenbeamten festgestellte Entschädigung an den Sachverständigen ausgezahlt wurde und sich der Sachverständige ggü. einem – auf die beantragte gerichtliche Festsetzung gestützten – Verlangen auf Erstattung zuviel gezahlter Entschädigung mit Erfolg auf Verjährung berufen kann und bereits beruft.
3. Die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung zuviel gezahlter Entschädigung beginnt auch in den Fällen, die noch der zweijährigen Verjährung nach § 15 Abs. 5 ZSEG a.F. unterliegen, mit der Auszahlung der Entschädigung. § 201 BGB a.F. gilt für die kurze Verjährung nach § 15 Abs. 5 ZSEG a.F. nicht.
4. Die Einrede der Verjährung braucht nicht ausdrücklich erhoben zu werden, es genügt, dass der Sachverständige dem Antrag auf gerichtliche Festsetzung unter Hinweis auf Vertrauensschutz entgegentritt. Eine unzutreffende Berechnung der Verjährungsfrist ist unschädlich.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 23.03.2001; Aktenzeichen 87 T 343/97) |
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 50 XVII 1825) |
Gründe
Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des LG Berlin vom 23.3.2001, mit dem das LG den Antrag der Bezirksrevisorin nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG auf Festsetzung der Sachverständigenentschädigung für den Beteiligten zu 1) als unzulässig zurückgewiesen hat, ist gem. § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig, hat i.E. aber keinen Erfolg. Das LG hätte den Antrag der Bezirksrevisorin vom 19.2.2001, die am 26.1.1999 an den Beteiligten zu 1) ausgezahlte Entschädigung durch Beschluss nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG festzusetzen, zwar nicht als verwirkt ansehen dürfen. Der Antrag erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als unzulässig. Für eine richterliche Festsetzung der Entschädigung des Sachverständigen im Verhältnis zwischen der Staatskasse und dem Beteiligten zu 1) fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, nachdem sich der Beteiligte zu 1) im Beschwerdeverfahren zu Recht auf die am 19.2.2001 bereits eingetretene Verjährung eines etwaigen Rückerstattungsanspruchs berufen hat. Im Einzelnen:
1. Das LG hat das Antragsrecht der Bezirksrevisorin gem. § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG als verwirkt angesehen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es sei allgemein anerkannt, dass die Änderung einer zugunsten eines Sachverständigen erfolgten Entschädigungsfestsetzung zeitlich nicht unbegrenzt möglich sei. Auch im vorliegenden Fall verbiete der Vertrauensgrundsatz eine nachträgliche Kürzung der bereits durch den Kostenbeamten festgesetzten und ausgezahlten Entschädigung, weil der Beteiligte zu 1) mehr als zwei Jahre nach der Zahlungsanweisung darauf vertrauen könne und dürfe, dass die vor Jahren ausgezahlte Entschädigung nicht mehr zu seinem Nachteil abgeändert werde. Dem trotz Vorbefassung der Bezirksrevisorin erstmals mit Schreiben vom 19.2.2001 und damit illoyal verspätet gestellten Antrag nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG stehe ein schutzwürdiges Vertrauen des Beteiligten zu 1) gegenüber.
Bedenken begegnet bereits die Annahme des LG, das Antragsrecht der Staatskasse nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG könne als solches verwirkt sein. Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist zwar die Verwirkung verfahrensrechtlicher Befugnisse – wie zum Beispiel die Verwirkung der Beschwerde – als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung anerkannt (Jansen, FGG, 2. Aufl., § 21 Rz. 20; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 21 Rz. 44). Ein Antragsrecht, also das Recht zur erstmaligen Anrufung des Gerichts, kann jedoch grundsätzlich nicht verwirkt werden (Jansen, FGG, 2. Aufl., § 21 Rz. 21; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 21 Rz. 45; vgl. auch Roth in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 242, BGB Rz. 468). Insofern ist fraglich, ob dem unbefristeten Recht nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG, die Entschädigung des Sachverständigen im Wege einer richterlichen Entscheidung festsetzen zu lassen, der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden darf oder ob allenfalls der mit Hilfe des Antrags nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG verfolgte Anspruch der Staatskasse auf Erstattung zu viel gezahlter Entschädigung der Verwirkung unterliegt. Die Frage kann hier jedoch offen bleiben, weil es i.E. darauf nicht ankommt. Auch die Verwirkung des im Wege des § 16 Abs. 1 ZSEG verfolgten Erstattungsanspruchs würde zur Unzulässigkeit des Antrags nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG führen. In einem solchen Fall wäre das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG zu verneinen.
Es begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bed...