Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Es spricht viel für die Auffassung, daß der Antrag auf Feststellung, ein Eigentümerbeschluß sei entgegen dem verkündeten Ergebnis infolge falscher Stimmenzählung nicht zustande gekommen, innerhalb der Monatsfrist gestellt werden muß.
2. Die Wirksamkeit eines unangefochtenen Mehrheitsbeschlusses über Stimmrechtsbeschränkungen endet zumindest dann, wenn neue Wohnungseigentümer in die Gemeinschaft eintreten.
3. Ergänzt der Inhaber einer Blankettvollmacht zur Stimmabgabe diese mit seinem Namen vor den Augen des Verwalters, so darf dieser die unter Bezugnahme auf die Vollmacht abgegebene Stimme nicht zurückweisen, sondern muß sie mitzählen.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 2, § 23 Abs. 4 S. 2, § 25 Abs. 5; BGB § 172
Beteiligte
ferner die in dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts Berlin vom 10. Januar 1990 – 150/190 T 308/88 (WEG) – namentlich bezeichneten Beteiligten zu 5) bis 19) |
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II (WEG) 359/87) |
LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 308/88 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 4) hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 32.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die auf der Eigentümerversammlung vom 23. Oktober 1987 als Verwalterin abgewählte Beteiligte zu 19) lud mit Schreiben vom 19. November 1987 zu einer Eigentümerversammlung am 30. November 1987. Nach dem Protokoll dieser Versammlung wurden zu den Tagesordnungspunkten 1) bis 4) jeweils mit 9 Ja- und 5 Nein-Stimmen Mehrheitsbeschlüsse betreffend die Billigung der Jahresabrechnung 1986/87, die Entlastung der Beteiligten zu 19), die Genehmigung der Heizkostenabrechnung 1986/87, eine Sonderumlage für uneintreibbare Wohngelder in Höhe von 4.497,69 DM sowie eine Sonderumlage für die Dach- und Hofsanierung in Höhe von 35.545,05 DM gefaßt. Nach einem auf der Versammlung gefertigten Gegenprotokoll standen sich zu den Tagesordnungspunkten 1) bis 4) jeweils 6 Ja-Stimmen mit 12 Nein-Stimmen gegenüber. Mit dem am 4. Dezember 1987 eingegangenen Antrag haben die Beteiligten zu 1) bis 3) begehrt, die Eigentümerbeschlüsse für unwirksam zu erklären. Durch Beschluß vom 18. November 1988 hat das Amtsgericht Schöneberg festgestellt, daß auf der Versammlung vom 30. November 1987 keine Beschlüsse gefaßt worden seien. Die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 4) hat das Landgericht mit Beschluß vom 10. Januar 1990 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4), die keinen Erfolg hat.
Das gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige Rechtsmittel ist sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 FGG), weist der angefochtene Beschluß nicht auf. Rechtlich einwandfrei bejaht der angefochtene Beschluß die Zulässigkeit der Erstbeschwerde. Die Zustellung des Beschlusses des Amtsgerichts Schöneberg zunächst nur an den Verwalter setzte nicht zu Lasten des Beteiligten zu 4) die Zwei-Wochen-Frist in Lauf, weil der Beteiligte zu 4) sich bereits in erster Instanz aktiv an der Verteidigung der gefaßten Eigentümerbeschlüsse beteiligt hat und zudem anwaltlich vertreten war, so daß die Zustellung ohnehin an seinen Rechtsanwalt zu erfolgen hatte (vgl. § 176 ZPO). Nachdem diesem der erstinstanzliche Beschluß am 12. Januar 1989 zugestellt worden ist, ist die Erstbeschwerde rechtzeitig am 25. Januar 1989 eingegangen.
Wie schon das Amtsgericht richtig gesehen hat, ist Verfahrensgegenstand in erster Linie die Feststellung, ob auf der Eigentümerversammlung vom 30. November 1987 überhaupt Mehrheitsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 1) bis 4) zustande gekommen sind, hilfsweise die Aufhebung der Eigentümerbeschlüsse. Ohne Rechtsirrtum geht das Landgericht davon aus, daß die Versammlung vom 30. November 1987 eine Eigentümerversammlung im Sinne der §§ 23 ff. WEG darstellt, auf der Eigentümerbeschlüsse gefaßt werden konnten, die der Anfechtung unterliegen. Es kann dahinstehen, ob die Eigentümerbeschlüsse bereits deshalb für ungültig zu erklären wären, weil die Beteiligte zu 19) durch (inzwischen angefochtenen) Eigentümerbeschluß vom 23. Oktober 1987 abgewählt worden ist und ihr damit die Befugnis zur Einladung fehlte. Die auf der gleichwohl durchgeführten Versammlung gefaßten Beschlüsse sind aber nicht etwa nichtig, sondern allenfalls anfechtbar (vgl. Senat NJW 1987, 386). Abgesehen davon sind im vorliegenden Fall sämtliche Wohnungseigentümer der fraglichen Einladung gefolgt bzw. haben sich vertreten lassen und haben an den Abstimmungen teilgenommen. Bei einer derartigen Universalversammlung spricht viel für einen Verzicht auf die formgerechte Einladung (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl., § 23 Rdnr. 12).
Weil die gefaßten Eigentümerbeschlüsse binnen Monatsfrist angegriffen worden sind, kommt es hier nicht darauf an, ob einer unange...