Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an einen Freispruch (aus rechtlichen Gründen) im Bußgeldverfahren
Orientierungssatz
Orientierungssätze:
1. An die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe in Bußgeldverfahren sind zwar keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl bedarf es bei einem Freispruch aus rechtlichen Gründen derart geschlossener Feststellungen zur Sache, dass erkennbar ist, welches tatsächliche Geschehen Bezugspunkt der rechtlichen Würdigung ist.
2. Die geldwäscherechtliche Identifizierungs- und Prüfpflicht des Immobilienmaklers wird bei der Vermittlung eines Grundstückskaufs nach § 11 Abs. 2 GwG regelmäßig zwischen dem Abschluss des Maklervertrages und dem Abschluss des notariell abzuschließenden Grundstückskaufvertrages ausgelöst und richtet sich im Übrigen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. (Jeweils nicht tragend)
Normenkette
StPO § 267 Abs. 5; OWiG § 71 Abs. 1; GwG § 11 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 02.06.2023; Aktenzeichen 326 OWi 66/23) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 2. Juni 2023 insoweit mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben, als die Betroffene bezüglich der Tat zu 3. aus dem Bußgeldbescheid vom 16. Januar 2023 im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgeschäft für das Grundstück X in Y freigesprochen wurde.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat die zur Tatzeit als Immobilienmaklerin tätige Betroffene wegen eines leichtfertigen Verstoßes gegen §§ 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 6, 11 Abs. 2, 8 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. 56 Abs. 1 Nr. 6 Geldwäschegesetz zu einer Geldbuße von 500,00 Euro verurteilt und sie vom Vorwurf sechs weiterer Zuwiderhandlungen gegen das Geldwäschegesetz aus rechtlichen Gründen freigesprochen.
Hinsichtlich des Freispruchs enthält das Urteil folgende Feststellungen:
"Im Übrigen wurde der Betroffenen mit dem Bußgeldbescheid der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vom 16.01.2023 in sechs weiteren Fällen vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobiliengeschäften in zwei Fällen am 25. Januar 2021, am 24. Februar 2021, am 19. Juli 2021 und in zwei Fällen am 23. August 2021, die Identitäten und die wirtschaftlichen Berechtigungen der an der Transaktion beteiligten Personen nicht rechtzeitig festgestellt zu haben. Die Identitäten der Personen und die wirtschaftliche Berechtigung wurde bei allen Fällen zwei bis drei Tage nach dem jeweiligen Termin beim Notar zur Unterschrift des Kaufvertrages festgestellt.
In den ersten beiden Fällen hat die Betroffene die Identitäten und wirtschaftliche Berechtigung jeweils am 25.1. festgestellt. In dem weiteren Fall vom 24. Februar 2021 hat die Betroffene die Identität und wirtschaftliche Berechtigung am 3. Januar 2021 festgestellt. In Bezug auf den Fall am 19. Juli 2021 hat die Betroffene die entsprechenden Feststellungen am 23. August 2021 und für den Fall vom 23. August 2021 hat die Betroffene die Feststellung am gleichen Tag getroffen."
Den aus rechtlichen Gründen erfolgten Freispruch begründet das Amtsgericht damit, dass die Betroffene der ihr als Immobilienmaklerin obliegenden Verpflichtung aus § 11 Abs. 2 GwG rechtzeitig nachgekommen sei, indem sie sich jeweils wenige Tage nach dem Abschluss des Kaufvertrages die Personalausweise der Parteien habe vorlegen lassen und gemäß ihrem Dokumentationsbogen zu jedem einzelnen Vermittlungsgeschäft die wirtschaftliche Berechtigung überprüft habe. Wegen der Einzelheiten - insbesondere der Begründung dieser Rechtsauffassung - wird auf den Inhalt der Urteilsgründe Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Amtsanwaltschaft Berlin mit einer dahingehend beschränkten Rechtsbeschwerde, dass sich das Rechtsmittel lediglich gegen den Freispruch der Betroffenen im Fall 3 aus dem Bußgeldbescheid vom 16. Januar 2023 im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgeschäft für das Grundstück X in Y vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 11 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 27 GwG richtet. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat die Vertretung dieses Rechtsmittels übernommen und die Aufhebung des Urteils im Hinblick auf den Freispruch bezüglich des Vorwurfs zu 3. aus dem Bußgeldbescheid beantragt.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat auf die erhobene Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils im tenorierten Umfang.
Der allein angefochtene Teilfreispruch bezüglich der Tat zu 3. aus dem ergangenen Bußgeldbescheid unterliegt schon deswegen der Aufhebung, weil die Darstellung der Gründe nicht den sich aus §§ 261, 267 Abs. 5 StPO i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG ergebenden Anforderungen an die Begründungspflicht bei freisprechenden Urteilen genügt.
Wenn auch in Bußgeldverfahren an die Abfassung d...