Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 24.09.2013; Aktenzeichen (303 OWi) 3031 Js-OWi 2416/13 (292/13)) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. September 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 24 a (zu ergänzen: Abs. 2 und 3) StVG (Führen eines Kraftfahrzeugs unter Betäubungsmitteleinfluss) zu einer Geldbuße von 200,00 Euro verurteilt, gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet und nach § 25 Abs. 2 a StVG eine Bestimmung über dessen Wirksamwerden getroffen.
1. Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Betroffene am Dienstag, dem 20. November 2012, gegen 10:15 Uhr einen Pkw im öffentlichen Straßenverkehr geführt habe, obwohl er an dem vorangegangenen Wochenende Cannabis ("3 Joints") und Kokain ("3 Linien") konsumiert habe und bei Anwendung der erforderlichen und ihm persönlich möglichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass er bei Fahrtantritt noch unter dem Einfluss dieser Betäubungsmittel stehen könnte. Im Rahmen der durchgeführten Verkehrskontrolle sei zunächst ein so genannter Romberg-Test durchgeführt worden, welcher ein Ergebnis von 25 Sekunden bei 30 Sekunden Optimalwert ergeben habe. Beim Zählen hätten die Augenlider des Betroffenen deutlich geflattert und er habe insbesondere an den Händen gezittert. Ferner hätten seine Pupillen auf Lichteinfall keinerlei Reaktion gezeigt. Nach wiederholter Belehrung habe der Betroffene sodann angegeben, dass er die oben angegebenen Betäubungsmittel am vorangegangenen Wochenende konsumiert habe. Die Untersuchung des um 12.00 Uhr abgenommenen Blutes des Betroffenen habe ein positives Ergebnis auf Cannabinoide und zwar 4,7 ng/ml THC, 99 ng/ml THC-Carbonsäure und 2,4 ng/ml 11-Proxy-THC ergeben.
Das Amtsgericht hat einen toxikologischen Sachverständigen gehört, auf dessen Ausführungen es seine Annahme, der Betroffene habe fahrlässig gehandelt, im Wesentlichen gestützt hat. Insoweit heißt es in den schriftlichen Gründen des angefochtenen Urteils, der Sachverständige, der über fundierte Kenntnisse im Bereich der Toxikologie verfüge, habe dargelegt, dass sich aus der festgestellten Wirkstoffmenge von 4,7 ng/ml THC ergebe, dass der Betroffene weniger als 24 Stunden, "eher 4 bis 5 Stunden", vor der Blutentnahme Cannabis konsumiert habe. Zudem folge aus dem Wert von 99 ng/ml THC-Carbonsäure, dass er zumindest als Gelegenheitskonsument, der relativ regelmäßig Betäubungsmittel konsumiere, zu qualifizieren sei.
2. Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, hat Erfolg.
a) Allerdings begegnet der Schuldspruch zum objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung gegen § 24 a Abs. 2 StVG keinen Bedenken. Der Betroffene führte im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung des in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels Cannabis, und zwar mit einem rechtsfehlerfrei festgestellten THC-Nachweiswert im Blut von 4,7 ng/ml. Damit ist der analytische "Grenzwert" von 1,0 ng/ml überschritten, der sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung im Anschluss an die vom Bundesverfassungsgericht geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 24 a Abs. 2 StVG (Beschluss vom 21. Dezember 2004, NZV 2005, 270 ff.) durchgesetzt hat, und der es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdeliktes als möglich erscheinen lässt, dass der Täter beim Führen des Kraftfahrzeuges in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war, ohne dass es auf Zeitpunkt und Menge des Drogenkonsums oder auf eine tatsächliche Beeinträchtigung ankäme (vgl. OLG Stuttgart DAR 2011, 218 [219]; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 42. Auflage, § 24 a StVG Rn. 21 a m.N.).
b) Die Annahme des Amtsgerichts, der Betroffene habe fahrlässig gehandelt, hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die zugrunde liegende Beweiswürdigung ist lückenhaft ist und trägt die Feststellung von Fahrlässigkeit nicht.
aa) Zwar ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters (vgl. BGH NStZ 2009, 284; Meyer-Goßner, StPO 56. Auflage, § 261 Rn. 3 m.w.N.). Es obliegt allein ihm, die für den Urteilsspruch relevanten Tatsachen und Erfahrungssätze festzustellen, in ihrer Beweisbedeutung zu bewerten und sich auf dieser Grundlage eine Überzeugung zu bilden (vgl. BGH aaO.; Senat, Urteil vom 8. Juni 2009 - (3) 1 Ss 74/09 (51/09) -). Das Rechtsbeschwerdegericht hat aber auf die Sachrüge zu prüfen, ob ihm hierbei Rechtsfehler unterlaufen sind. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung dann, wenn sie in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist. Dabei brauchen die Schlussfolgerungen des Tatrichters zwar nicht zwingend zu sein. Es genügt grundsätzlich,...