Leitsatz (amtlich)
Der Beschluss, gemäß 406 Abs. 1 Satz 3 StPO von einer Entscheidung über einen Adhäsionsantrag abzusehen, erwächst nicht in Rechtskraft. Er hindert den Adhäsionskläger nicht, seinen Antrag anderweitig anhängig zu machen, sei es vor den Zivilgerichten, sei es in der neuen Strafrechtsinstanz.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 22.12.2006; Aktenzeichen (564) 94 Js 3251/05 Ls Ns (51/06)) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Adhäsionsklägers wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 22. Dezember 2006 aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskasse Berlin zur Last.
Gründe
Das Schöffengericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten am 21. März 2006 vom Vorwurf der räuberischen Erpressung freigesprochen und von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren ausdrücklich abgesehen. Über die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht noch nicht entschieden. Die Berufung des Adhäsionsklägers hat das Landgericht durch Beschluss vom 22. November 2006 als unzulässig verworfen. Der Adhäsionskläger hat mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 erneut einen Adhäsionsantrag für das Berufungsverfahren gestellt, den das Landgericht durch Beschluss vom 22. Dezember 2006 zurückgewiesen hat. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde, als die die "Beschwerde" vom 15.Januar 2007 zu behandeln ist (§ 300 StPO), ist nach den §§ 406 a Abs. 1 Satz 1, 311 Abs. 2 StPO zulässig und begründet.
2.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:
"1.
Der Adhäsionsantrag vom 19. Dezember 2006 ist in der Berufungsinstanz vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und, ohne dass eine den Rechtszug abschließende Entscheidung ergangen ist, durch Beschluss zurückgewiesen worden. Somit unterliegt der Beschluss der Anfechtung nach § 406 a Abs. 1 Satz 1 StPO durch die sofortige Beschwerde.
2.
Das Berufungsgericht hat den Antrag zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 21. März 2006, mit dem von einer Entscheidung über den bereits in der ersten Instanz angebrachten Adhäsionsantrag des Antragstellers abgesehen wurde (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO) (...), steht der Neuanbringung des Antrags in der Berufungsinstanz - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht entgegen. (...). Die Vorschrift des § 406 a Abs. 1 Satz 1 StPO, auf die sich das Landgericht beruft, regelt nur die isolierte Anfechtung der Adhäsionsentscheidung und § 406 a Abs. 1 Satz 2 StPO betrifft nur den Fall, dass das Verfahren ansonsten mit dem Rechtszug beendet ist. Nachdem jedoch vorliegend (...) die Staatsanwaltschaft wirksam Berufung gegen das freisprechende Urteil des Amtsgerichts eingelegt hat und das Strafverfahren wegen des Tatvorwurfs der räuberischen Erpressung zum Nachteil des Adhäsionsklägers nunmehr in der Berufungsinstanz und somit in einem neuen Rechtszug anhängig ist, kann der Adhäsionskläger seinen Antrag erneut stellen. Die Absehensentscheidung erwächst nicht in Rechtskraft und hindert den Adhäsionskläger nicht, seinen Antrag anderweitig anhängig zu machen, sei es vor den Zivilgerichten, sei es in der neuen Strafrechtsinstanz (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. Rdn. 6 zu § 406). Das Berufungsgericht wird zu gegebener Zeit erneut nach § 406 Abs. 1 StPO zu entscheiden haben."
3.
Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen an.
4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskasse Berlin zur Last, weil sonst niemand dafür haftet.
Fundstellen