Leitsatz (amtlich)
1. Erledigt sich die Beschwerde eines Betroffenen gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts über die Bestellung eines Betreuers nach Entlassung des bisherigen Betreuers in der Hauptsache, kann das Beschwerdeverfahren nicht mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betreuerbestellung fortgeführt werden (Abgrenzung zu BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2008, 1 BvR 1415/08, BtPrax 2009, 27).
2. Ist nicht feststellbar, ob an den Betreuer herangetragene Wünsche tatsächlich von dem Betroffenen stammen, weil dieser bzw. Dritte jeden Kontakt mit dem Betreuer und dem Vormundschaftsgericht verhindern, kann der Betreuer nicht durch vormundschaftsgerichtliche Weisung zur Erfüllung dieser Wünsche angehalten werden.
Normenkette
BGB §§ 1837, 1908c, 1908i; GG Art 19 Abs 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 11.11.2008; Aktenzeichen 83 T 458/08) |
LG Berlin (Entscheidung vom 11.11.2008; Aktenzeichen 83 T 398/08) |
LG Berlin (Entscheidung vom 11.11.2008; Aktenzeichen 83 T 177/08) |
LG Berlin (Entscheidung vom 11.11.2008; Aktenzeichen 83 T 171/08) |
LG Berlin (Entscheidung vom 05.11.2007; Aktenzeichen 83 T 557/07) |
LG Berlin (Entscheidung vom 05.11.2007; Aktenzeichen 83 T 546/07) |
LG Berlin (Entscheidung vom 05.11.2007; Aktenzeichen 83 T 522/07) |
LG Berlin (Entscheidung vom 05.11.2007; Aktenzeichen 83 T 349/07) |
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 52 XVII Q 29) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden der Betroffenen werden zurückgewiesen.
Gründe
I. Die weiteren Beschwerden der Betroffenen sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Verwerfung ihrer Erstbeschwerden im Richterablehnungsverfahren - Geschäftszeichen 1 W 14/09 = 83 T 177/08 - (dazu nachfolgend unter a)), gegen die vorläufige Bestellung der Beteiligten zu 1 durch das Landgericht vom 5. November 2007 - Geschäftszeichen 1 W 594/08 = 83 T 546/07 -, sowie gegen die Verlängerungen der vorläufigen Betreuerbestellung vom 10. April 2008 und vom 14. Oktober 2008 - Geschäftszeichen 1 W 13/09 = 83 T 171/08 und 1 W 16/09 = 83 T 458/08 - richten (dazu nachfolgend unter b)). Darüber hinaus sind die weiteren Beschwerden zulässig (dazu nachfolgend unter c)).
a) Das Ablehnungsverfahren richtet sich nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, da die Verfahrensvorschriften der Freiwilligen Gerichtsbarkeit hierzu keine eigenständigen Regelungen enthalten (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 6, Rdn. 17; Zimmermann, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 6, Rdn. 56). Deshalb ist die sofortige weitere Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, durch den die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts in einem Ablehnungsverfahren als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen worden ist, nur statthaft, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist, vgl. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO (OLG Karlsruhe/Freiburg, FGPrax 2003, 214). Das ist hier nicht der Fall. Das Landgericht hat ausdrücklich die Zulassung der Rechtsbeschwerde abgelehnt.
b) Soweit sich die Betroffene gegen die vorläufige Bestellung der Beteiligten zu 1 durch das Landgericht sowie die zweimalige Verlängerung dieser Bestellung durch das Vormundschaftsgericht wendet, fehlt ihr zur Durchführung der weiteren Beschwerde ein hierfür erforderliches Rechtsschutzbedürfnis. Die einstweilige Anordnung des Landgerichts war bis zum 16. April 2008 und diejenigen des Vormundschaftsgerichts bis zum 16. Oktober 2008 bzw. bis zum 14. April 2009 befristet. Sie haben sich damit zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt. Das im Rechtsmittelverfahren verfolgte Ziel der Aufhebung der einstweiligen Anordnungen oder jedenfalls der Bestellung des Beteiligten zu 2 an Stelle der Beteiligten zu 1 als Betreuer kann die Betroffene nicht mehr erreichen. Denkbar wäre allenfalls die Fortsetzung des erledigten Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Rechtswidrigkeit. Das ist jedoch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vorgesehen (Kahl, in: Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 19, Rdn. 86; Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 19, Rdn. 33). Deshalb führt die Erledigung einer angefochtenen Maßnahme regelmäßig zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (OLG Köln, FGPrax 2009, 69, 70).
Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall lag nicht vor. So kann die Annahme eines Rechtsschutzinteresses trotz Erledigung der Hauptsache in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe geboten sein (BVerfG, NJW 1998, 2432; 2002, 2456; ZIP 2008, 2027). Einen solchen gewichtigen Grundrechtseingriff kann auch die Anordnung einer Betreuung darstellen (BVerfG, BtPrax 2009, 27, 28). Darum ging es vorliegend aber nicht. Der Entscheidung des BVerfG lag die erstmalige Bestellung eines (Kontroll)-Betreuers zugrunde. Dadurch werde der Betreute in seiner Entscheidungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ganz oder teilweise in den von dem Gericht bestimmten Aufgabenkreisen eingeschränkt. Gegenstand der Entscheidungen des Landgerichts und des Vormundschaftsgerichts bei Bestellung der Beteiligten zu 1 war aber ...