Leitsatz (amtlich)
1. Meldet ein neubestellter GmbH-Geschäftsführer seine Berufung durch die Gesellschafterversammlung zur Eintragung ins Handelsregister an, wird die GmbH in einem sich anschließenden Beschwerdeverfahren durch ihn vertreten.
2. Einem Geschäftsführer steht gegen die Berufung weiterer Geschäftsführer kein eigenes Beschwerderecht zu.
3. Hat ein Notar bei den einer Gesellschafterliste zu Grunde liegenden Veränderungen mitgewirkt, verdrängt die Notarpflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste die entsprechende Pflicht des Geschäftsführers.
4. Grundsätzlich sind nicht nichtige Gesellschafterbeschlüsse solange als wirksam und rechtlich verbindlich anzusehen, wie nicht ihre Nichtigkeit festgestellt worden ist. Die bloße Anfechtbarkeit ist im Eintragungsverfahr-en unbeachtlich.
5. Wird gegen einen GmbH-Gesellschafterbeschluss eine Anfechtungsklage erhoben, liegt ein streitiges Rechtsverhältnis vor, so dass das Registerge-richt das Eintragungsverfahren gemäß § 21 FamFG bis zur rechtskräftigen Klärung des Anfechtungsrechtsstreits aussetzen kann..
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 09.01.2015; Aktenzeichen 83 HRB 49640 B) |
Tenor
1. Der Aussetzungsbeschluss des AG Charlottenburg vom 09.1.2015 wird insoweit aufgehoben, als durch ihn das Verfahren hinsichtlich der Anmeldung des Beteiligten zu 2) vom 07.1.2015 ausgesetzt worden ist.
Im Übrigen werden die Beschwerden der Beteiligten zu 1), 2) und 3) zurückgewiesen.
2. Von den Verfahrenskosten tragen die Beteiligten zu 2) und 3) 5/6 als Gesamtschuldner und der Beteiligte zu 4) 1/6. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten zu 1), 2), 3) und 4) selbst.
3. Der Verfahrenswert wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beteiligte zu 1) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 28.6.1993 gegründet und am
13.12.1993 im Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragen. Die Gesellschaft entwickelt professionelle Audiotechnik im Soft- und Hardwarebereich. Sie betreibt keinen Vertrieb an Endverbraucher. Ihr Stammkapital beträgt 940.000 DM. An diesem sind die Beteiligte zu 3), deren alleiniger Gesellschafter der Beteiligte zu 2) ist, mit 141.000 DM und der Beteiligte zu 4) mit 550.000 DM beteiligt. Darüber hinaus sind weitere 17 Gesellschafter, überwiegend Mitarbeiter, ehemalige Mitarbeiter oder deren Angehörige beteiligt, ebenso die S.GmbH (im Folgenden: V.GmbH) mit einem Kapitalanteil von 30.000 DM. Die Beteiligte zu 1) hält eigene Geschäftsanteile in Höhe von 24.000 DM. Der Beteiligte zu 2) ist seit der Eintragung der Beteiligten zu 1) als deren Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.
Der Beteiligte zu 4) bzw. seine drei Söhne sind über die Beteiligung an der V.GmbH hinaus auch an der S.GmbH (im Folgenden: A.) beteiligt.
Die Satzung der Beteiligten zu 1) (Bd. III Bl. 84 ff.) enthält u.a. folgende Regelungen:
"§ 9 (1) Die Gesellschafter können beschließen, dass die Gesellschaft einen aus drei oder sechs Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat erhält.
§ 9 (2) Auf den Aufsichtsrat finden § 52 Abs. 1 GmbHG und die dort genannten aktienrechtlichen Bestimmungen nur Anwendung, falls und soweit die Gesellschafter dies mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließen.
§ 9 (3) Der Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung. Die Gesellschafter können dem Aufsichtsrat durch Beschluss weitere Aufgaben und Befugnisse zuweisen, insbesondere das Recht gewähren, Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen, Anstellungsverträge mit diesen abzuschließen, zu ändern und zu beendigen, Geschäftsführer zu ermächtigen, die Gesellschaft allein zu vertreten, eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer festzulegen und diesen Weisungen zu erteilen."
Im Laufe des Jahres 2014 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Angehörigen der Familie S.einerseits und - soweit ersichtlich - den übrigen Gesellschaftern andrerseits. Anlass waren u.a. Verbindlichkeiten der A.und/oder der V.GmbH gegenüber der Beteiligten zu 1), die Entwicklung eines neuen Produkts durch diese Gesellschaften unter angeblicher Verwendung des Know-How der Beteiligten zu 1), deren Mithaftung für Verbindlichkeiten der A.bzw. der V.GmbH gegenüber Dritten sowie die angebliche Verletzung des Wettbewerbsverbotes durch den Mitgeschäftsführer der Beteiligten zu 1) W.S.
Dieser lud mit Schreiben vom 23.9.2014 (Bd. I Bl. 15 ff.) zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung für den 13.10.2014 an den Sitz der Beteiligten zu 1) ein. Auf dieser Versammlung stimmten laut Protokoll (Bd. I Bl. 18 ff.) unter TOP 2.1 63,318 % der Gesellschafter für die Bildung eines Aufsichtsrates und wiesen diesem unter TOP 2.2 mit derselben Mehrheit "insbesondere" die Aufgaben und Befugnisse gemäß § 9 (3) der Satzung zu, darüber hinaus u.a. das Recht den Geschäftsführern Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zu erteilen. Unter TOP 3 wählten 63,318 % der Gesellschafter D., Dr. E.und Dr. M.zu Aufsichtsratsmitgliedern, die die Wahl annahmen (Bd. I Bl. 31). Gegen diese Beschlüsse hat der Mitgesellschafter Dr. K.Klage ...