Leitsatz (amtlich)
Bei der im Kostenfestsetzungsverfahren erhobenen Einwendung, dass ein Verfahren missbräuchlich in mehrere aufgespalten worden ist, geht es nicht um die dem Rechtspfleger übertragene Aufgabe, eine konkrete Kostengrundentscheidung auszufüllen, sondern um die Kürzung von Erstattungsansprüchen aufgrund umfangreicher materiellrechtlicher Erwägungen. Eine solche Prüfung übersteigt die Entscheidungsmacht und die Entscheidungsmöglichkeit des Rechtspflegers und gehört in die Kompetenz des Prozessrichters.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 11.05.2010; Aktenzeichen 27 O 122/10) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 11. Mai 2010 - 27 O 122/10 - wird auf ihre Kosten bei einem Gegenstandswert von 701,04 € zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller nahm die Antragsgegnerin auf Unterlassung einer Wortberichterstattung im Wege einstweiliger Verfügung in Anspruch. Mit Beschluss vom 11. Februar 2010 gab das Landgericht Berlin dem Antrag statt und auferlegte der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 €. In vier weiteren Verfahren erwirkten die ebenfalls von der Berichterstattung betroffenen weiteren (4) Familienmitglieder des Antragstellers gleichlautende Untersagungsverfügungen (Landgericht Berlin 27 O 96/10, 27 O 126/10, 27 O 127/10, 27 O 123/10).
Auf den Antrag des Antragstellers hat die Rechtspflegerin beim Landgericht die zu erstattenden Kosten auf 784,03 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie geltend macht, dass die Verfolgung der Unterlassungsansprüche der fünf Familienmitglieder in fünf getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich und die hierdurch verursachten Mehrkosten nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO seien, so dass die Antragsteller insgesamt sich so behandeln lassen müssten, als hätten sie gemeinsam das Verfahren durchgeführt. In diesem Fall wären Kosten insgesamt nach einem Gegenstandswert von 50.000,00 € und somit in Höhe von 1.650,35 € entstanden. Nachdem die Antragsgegnerin in den Verfahren 27 O 123/10 einen Betrag von 784,03 € und in dem Verfahren 27 O. 127/10 weitere 783,33 € beglichen habe, könne im vorliegenden Verfahren lediglich noch der Differenzbetrag zu den bei gemeinsamer Rechtsverfolgung entstandenen Kosten in Höhe von 82,99 € festgesetzt werden.
Der Einzelrichter des Senats hat das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO).
II. Das nach § 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel ist zulässig. In der Sache hat die sofortige Beschwerde aber keinen Erfolg und war daher zurückzuweisen, da die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen in dem vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich sind.
Die Antragsgegnerin stützt ihren Einwand, der Antragsteller und die Mitglieder seiner Familie hätten ihre Unterlassungsansprüche in einem Verfahren verfolgen können und müssen, unter anderem auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Dieser hat in seiner Entscheidung vom 2. Mai 2007 (- VIII ZB 156/06 - Tz. 12, NJW 2007, 2257) hierzu unter anderem ausgeführt:
"Jede Prozesspartei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren läßt (...). Diese Verpflichtung folgt aus dem Prozessrechtsverhältnis (....).
Sie beherrscht als Ausfluss von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht. So wäre es etwa rechtsmißbräuchlich, eine Forderung ohne sachlichen Grund in mehrere Teilbeträge aufzuspalten und in gesonderten Prozessen geltend zu machen."
Dem folgt der Senat. Die hier zu entscheidende Frage ist aber, ob der Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung in mehreren Verfahren im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht und vom Rechtspfleger in der Sache überprüft werden kann. Nach Auffassung des Senates würde dies der Systematik der Kostenfestsetzung widersprechen und die Kompetenz des Rechtspflegers überschreiten.
Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein zwar selbstständiges, aber sich an das Ausgangsverfahren anschließendes Verfahren, das lediglich dazu dient, die vom Prozessgericht nach den Vorschriften der jeweiligen Prozessordnung getroffene Kostengrundentscheidung (im Zivilprozess vor allem nach den §§ 91 ff. ZPO) der Höhe nach auszufüllen. Der Kostenerstattungsanspruch ist mit der Kostengrundentscheidung bereits dem Grunde nach zuerkannt. Jegliches Verteidigungsvorbringen gegen den Grund des Anspruchs findet daher in der Kostenfestsetzung keine Berücksichtigung (Von Eicken u. a., Das Kostenfestsetzungsverfahren, 20. Aufl...