Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Gliedertaxe - "Fuß im Fußgelenk"
Leitsatz (amtlich)
Der Anwendung der Rspr. des BGH zur Bemessung der Funktionsunfähigkeit des Fußgelenkes nach dem vollen Wert des "Fußes im Fußgelenk" (Urt. v. 17.1.2001 - IV ZR 32/00, VersR 2001, 360) steht nicht entgegen, dass es orthopädisch "das Fußgelenk" nicht gibt. Vielmehr kommt es auf das Verständnis des VN an, der darunter das Gelenk versteht, das den Fuß mit dem Bein verbindet und für den Abrollvorgang beim Gehen verantwortlich ist, also für die Beweglichkeit des Fußes von oben nach unten (Heb- und Senkfunktion) und von innen nach außen sorgt. Da für diese Bewegungen das obere und das untere Sprunggelenk gemeinsam zuständig sind, müssen bei der Bemessung der Invaliditätsleistung die beiden Sprunggelenke und ihre Beeinträchtigung betrachtet und bewertet werden; darauf, dass es aus orthopädischer Sicht im Fuß noch weitere Gelenke (das Chopart Gelenk und das Lisfranc'sche Gelenk) gibt und diese ggf. nicht beeinträchtigt sind, kommt es ebenfalls nicht an.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 27.03.2012; Aktenzeichen 7 O 103/10) |
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten vom 23.4.2011 gegen das am 27.3.2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung einstimmig der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet ist (Nr. 1).
Gründe
I. Der Kläger begehrt weitere Leistungen aus einer mit der Beklagten abgeschlossenen Unfallversicherung wegen dauerhafter Bewegungseinschränkungen im oberen und unteren linken Sprunggelenk nach einem Motorradunfall vom 19.6.2006. Die Beklagte hatte vorprozessual eine Begutachtung des Klägers angeordnet und im Ergebnis dieses Gutachtens eine dauerhafte Invalidität von (1/4 Beinwert) 17,5 % anerkannt und 13.125 EUR gezahlt. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe nach dem Versicherungsvertrag eine Invaliditätsleistung i.H.v. 150.000 EUR zu, weil der volle Fußwert zu entschädigen sei und sich der Grad der Invalidität nach der verbesserten Gliedertaxe bestimme.
Das LG hat dem Kläger nach Einholung eines Gutachtens des Orthopäden Dr. A..., auf das wegen seiner Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 55 - 79, Bl. 96 - 100, Bl. 125 - 129 sowie Bl. 141 - 144), mit Urteil vom 27.3.2012, auf das Bezug genommen wird, auf der Basis einer Invalidität von 52,5 % eine weitere Entschädigung i.H.v. (82.500 EUR ./. 13.125 EUR) 69.375 EUR nebst Zinsen zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Mit ihrer am 23.4.2012 eingegangenen und innerhalb der bis zum 29.6.2012 verlängerten Frist auch begründeten Berufung greift die Beklagte die Verurteilung an, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 4.875 EUR verurteilt worden ist. Sie ist der Ansicht, die beim Kläger festzustellende Invalidität sei im Ergebnis der Beweisaufnahme auf der Basis 6/10 Fußwert mit 24 % zu bestimmen; die verbesserte Gliedertaxe finde schon deshalb keine Anwendung, weil weder ein Verlust noch eine vollständige Funktionsunfähigkeit des linken Fußes gegeben sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 4.6.2012 (Bl. 174 - 178) verwiesen.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 27.3.2012, Geschäftsnummer 7 O 103/10 - die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte zu mehr als 4.875 EUR zzgl. anteiliger Zinsen verurteilt worden ist.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt er, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 67.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt weiterhin die Ansicht, die Invaliditätsleistung sei nach dem vollen Fußwert und zudem anhand der in den Vertrag einbezogenen verbesserten Gliedertaxe zu bestimmen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das LG die Beklagte zur Zahlung einer weiteren Invaliditätsleistung i.H.v. 69.375 EUR verurteilt, denn dem Kläger steht nach den dem Unfallversiche-rungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen ein Anspruch auf Invaliditätsleistung i.H.v. insgesamt 82.500 EUR zu. Der Senat folgt den zutreffenden Ausführungen des LG in der angefochtenen Entscheidung und schließt sich ihnen an. Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe der Beklagten lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen (§§ 513, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
a) Zutreffend -und insoweit von der Beklagten auch nicht angegriffen- stellt das LG im Ausgangspunkt auf den Fußwert und nicht ...