Leitsatz (amtlich)
Wenn die Vergabestelle sich im Nachprüfungsverfahren der fachkundigen Hilfe Dritter bedient, so sind die hierdurch entstehenden Kosten zu erstatten, wenn die übertragene Tätigkeit nicht von der Vergabestelle selbst ausgeführt werden kann.
Verfahrensgang
Vergabekammer des Landes Berlin (Beschluss vom 26.03.2004; Aktenzeichen VK-B2-09/04) |
Tenor
Auf die Erinnerung des Antragsgegners vom 4.1.2005 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des KG vom 30.11.2004 - unter Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen - geändert:
Die nach dem Beschluss der Vergabekammer des Landes Berlin vom 26.3.2004 (VK-B2-09/04) und dem Beschluss des Vergabesenats des KG vom 10.5.2004 von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu erstattenden Kosten werden auf 18.211,25 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.6.2004 festgesetzt.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens haben - bei einem Wert von 7.934,40 EUR - die Antragstellerin zu 90 % und der Antragsgegner zu 10 % zu tragen.
Gründe
I. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Beschl. v. 26.3.2004 zurückgewiesen und ihr neben den Kosten des Verfahrens unter Ziff. 4) auch die Verpflichtung zur Erstattung der dem Antragsgegner zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen auferlegt. Gegen die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages hat die Antragstellerin am 5.5.2004 sofortige Beschwerde eingelegt und damit einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB verbunden. Nach Rücknahme der sofortigen Beschwerde und des Antrages nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB hat der Senat mit Beschl. v. 10.5.2004 die Kostenfolge des § 516 Abs. 3 ZPO in entsprechender Anwendung ausgesprochen.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 15.6.2004 hat der Antragsgegner u.a. auch die Festsetzung zweier Rechnungen vom 27.5.2004 der Ingenieurbüros B. über 4.176 EUR sowie K. und K. über 3.758,40 EUR begehrt. Die beim KG zuständige Rechtspflegerin hat dies mit Beschl. v. 30.11.2004 abgelehnt, da es hierfür an einer Kostengrundentscheidung der Vergabekammer fehle; außerdem könnten Kosten, die durch die Abgabe von Aufgaben an Dritte entstehen, nicht zu Lasten der Bieter gehen.
Gegen diese ihm am 16.12.2004 übermittelte Entscheidung hat der Antragsgegner am 4.1.2004 Erinnerung eingelegt.
II. Die nach § 11 Abs. 2 RPflG zulässige, form- und fristgerecht eingelegte - und nach §§ 11 Abs. 2 S. 4 RPflG, 568 S. 1 ZPO vom Einzelrichter zu entscheidende - Erinnerung hat in der Sache überwiegend Erfolg. Die von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu erstattenden Kosten belaufen sich auf insgesamt 18.211,25 EUR; sie errechnen sich wie folgt:
RA-Kosten Vergabekammer: 7.321,92 EUR
RA-Kosten KG: 3.581,33 EUR
Ingenieurbüros: 7.308 EUR
18.211,25 EUR
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtspflegerin des KG ihre Zuständigkeit für die Festsetzung der für das Verfahren vor der Vergabekammer des Landes Berlin entstandenen Aufwendungen der Beigeladenen zu Recht bejaht hat, da die Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache angegriffen wurde (KG, Beschl. v. 14.2.2005 - 2 Verg 13/04, 2 Verg 14/04, KGReport Berlin 2005, 648; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.2004 - Verg 51/04, www.ibr-online).
Indes fehlt es für die Festsetzung der in Rede stehenden Kosten der Ingenieurbüros nicht an einer Kostengrundentscheidung. Für die anlässlich des Beschwerdeverfahrens vor dem Senat in Ansatz gebrachten Kosten des Ingenieurbüros K. und K. für die Zeit ab dem 5.5.2004 bedarf dies mit Blick auf die Kostenentscheidung des Senats vom 10.5.2004 keiner Vertiefung. Für die anlässlich des Verfahrens vor der Vergabekammer entstandenen Kosten hat die Vergabekammer in Ziff. 4 ausdrücklich eine entsprechende Kostentragungspflicht nach § 128 Abs. 4 S. 2 GWB angeordnet (eine solche wurde vom OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.2.2004 - Verg 9/02, gerade vermisst).
Auch hat der Rechtspfleger des Hanseatischen OLG Bremen in seinem Beschl. v. 2.9.2004 (OLG Bremen, Beschl. v. 2.9.2004 - Verg 3/03) zu Recht unter Hinweis auf das BayObLG (BayObLG VergabeR 2002, 415) - eine Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen, die durch die Beauftragung Dritter entstanden sind, nicht generell verneint, sondern darauf abgestellt, ob die Vergabestelle die übertragene Tätigkeit selbst hätte ausführen können.
Das ist hier nicht der Fall. Schon in Ansehung der technischen und wirtschaftlichen Komplexität der Vergabeentscheidung - und damit einhergehend eben auch des Nachprüfungsverfahrens, das sich insb. zur Frage der technischen Gleichwertigkeit des Angebotes der Antragstellerin verhielt - war der Antragsgegner ohne weiteres berechtigt, sich auch im Nachprüfungsverfahren der fachkundigen Hilfe Dritter zu bedienen. Denn ungeachtet der Frage, ob sich eine Kostenüberbürdung alleine deshalb rechtfertigt, weil die Vergabestelle im Zuge struktureller Maßnahmen - indes bei gleich bleibenden Aufgaben - auf genügend sachkundige Mitarbeiter verzichtet, dürfte es sich hier jeden...